Transport/Verkehrshaftung

Transportversicherung

Krieg in der Ukraine, ein Jahr aus Sicht der Transportversicherung.

Am 24. Februar 2023 jährt sich der Einmarsch der russischen Truppen in die Ukraine. Die Versicherungsmöglichkeit von politischen Risiken, wie beispielsweise Beschlagnahme, Streik oder Krieg, gewann schlagartig an Bedeutung. Viele Versicherer schätzten diese Risiken als unkalkulierbar ein und kündigten diese in Folge dessen für die betroffenen Territorien der Ukraine, Belarus und Russland aus den Versicherungsverträgen.

Im Zuge der Kriegshandlungen erließ die Europäische Union diverse Sanktionsmaßnahmen gegenüber der Russischen Föderation, deren Hauptbestandteil Wirtschaftssanktionen waren. Diese sollen den Handel mit der Russischen Föderation weitgehend lahmlegen, z. B. in dem der Transfer von Gütern und Technologien aus der EU in die Russische Föderation beschränkt wird und es Schiffen unter russischer Flagge verboten ist, Häfen der EU anzulaufen. Des Weiteren wurden Sanktionen gegen Einzelpersonen und Organisationen, die den Angriffskrieg unterstützen, verhängt und Vermögen eingefroren. Unter anderem sind hiervon der russische Präsident Wladimir Putin, Russlands Außenminister Sergej Lawrow, dem Kreml nahestehende Oligarchen wie Roman Abramowitsch aber auch Banken und andere Unternehmen betroffen.

Als aktuelle Maßnahme trat eine von den G7, Australien und der EU verhängte Preisobergrenze für russisches Rohöl in Kraft. Die Maßnahme verbietet unter anderem Versicherern die Deckung von russischen Schiffen oder russischem Rohöl, falls dessen Preis über der Schwelle von 60 US-Dollar liegt.
Um mögliche Repressalien gegenüber der russischen Bevölkerung zu minimieren, sind Hilfslieferungen oder die Ausfuhr von Lebensmitteln, Medikamenten und landwirtschaftlicher Erzeugnisse aktuell nicht sanktioniert.

Der europäische Versicherungsmarkt reagiert nicht nur in der klassischen Transportversicherung, sondern ebenso in der Verkehrshaftungsversicherung, zunehmend restriktiver auf die Lage. Versicherer beginnen territoriale Ausschlüsse - u.a. für Russland - in den Versicherungspolicen zu integrieren. Diese Ausschlüsse gelten für sämtliche Risiken und sind nicht nur auf die eingangs erwähnten politischen Risiken reduziert. Zusätzlich erweitern manche Risikoträger die Ausschlüsse auf Transittransporte durch Russland, Stichwort „Seidenstraße“. Dies hätte für betroffene Kunden erhebliche Einschnitte im Versicherungsschutz zur Folge. Momentan sind diese Ausschlüsse nicht marktübergreifend, jedoch ist eine generelle Zurückhaltung für russlandtangierten Versicherungsschutz deutlich erkennbar. In Einzelfällen bestehen die Versicherer auf Vorabprüfungen und Freigabe von Transporten, was in der Praxis zu Zeitverzögerungen und Deckungsablehnungen führen kann.

Insgesamt ist eine defensive Haltung der Gesellschaften zu erkennen, die Angst vor möglichen Sanktionsverstößen ist groß.

Bezogen auf Ihren Versicherungsschutz bedeutet dies, dass Transporte von/nach bzw. durch die Russische Föderation im Rahmen Ihrer Police versichert sind, solange diese nicht explizit ausgeschlossen bzw. vom Versicherer gekündigt wurden. Jedoch müssen die Transporte „legal“ sein und dürfen nicht gegen geltende Sanktionsbestimmungen und Ausfuhr-/Importauflagen verstoßen. Wir empfehlen daher dringend, jeden Transport im Einzelfall auf mögliche Sanktionsverstöße zu prüfen, dies insbesondere auf die zu transportierenden Waren sowie alle am Transport beteiligten Personen (Compliance-Prüfung). Im Zweifelsfall ist eine Vorabprüfung durch den Versicherer ratsam, um im Schadenfall rechtssicher zu sein.

Schließlich noch ein wichtiger Hinweis für Frachtführer und Spediteure, die Transporte nach und durch Russland sowie die Ukraine durchführen oder organisieren. Aufgrund des andauernden Krieges ist im Schadenfall ein Berufen auf den Einwand des unabwendbaren Ereignisses gegenüber Anspruchstellern kaum möglich. Somit besteht die nicht unerhebliche Gefahr, dass trotz bestehender Haftung für den Schaden aufgrund des Ausschlusses Krieg etc. kein Versicherungsschutz besteht.

Zudem gilt es weiterhin unbedingt, die aktuelle Sanktionslage zu beachten. Aktuelle Informationen sind auf der Homepage Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle abrufbar.

 

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