Übergreifend
Christian Wulff mahnt mehr Einsatz für die Zukunft an
Die Welt ist voller Krisen und Herausforderungen. Lösungen wird die Menschheit nur gemeinsam finden – im Miteinander über Grenzen hinweg, nicht im Gegeneinander. Dafür braucht es Menschen, die im Kleinen wie im Großen ihre eigene Verantwortung für das Gesamte wahrnehmen. Was Bundespräsident a. D. Christian Wulff später als Mahnung für das Jahr 2023 veröffentlichte, diskutierte er vorab bereits bei den „Berliner Gesprächen“ der Ecclesia Gruppe, zu der auch die deas gehört. In der Zusammenkunft hielt Christian Wulff ein Plädoyer für Zusammenarbeit und Gemeinsamkeit. Darin lägen die Schlüssel für eine enkeltaugliche Zukunft.
„2022 wird als ein negatives Jahr in die Geschichte eingehen. 2023 wird nur besser, wenn wir alle etwas dafür tun“, sagte Christian Wulff vor rund 100 Gästen im Wasserturm auf dem Euref-Campus Berlin. Für eine bessere Zukunft müssten „alle eine Schippe drauflegen“. Christian Wulff modellierte in seiner Rede Gedanken und Haltungen, die von der lokalen Ebene bis auf die weltpolitische Bühne Anwendung finden könnten. Dabei nahm der ehemalige Bundespräsident vor allem die immerwährende Arbeit an und für die Demokratie in den Blick: Jede Generation sei dazu aufgerufen, für die Verhältnisse zu kämpfen, in denen sie leben wolle. Das gelte insbesondere für den Erhalt der Demokratie, der den Einsatz aller Demokraten fordere. „Wir sollten da ein bisschen hellhöriger werden“, sagte Christian Wulff mit Blick auf die unlängst aufgedeckten Umsturzpläne einer Gruppe von „Reichsbürgern“. Die Demokratie sei von innen her gefährdet, wenn sie als zu selbstverständlich angesehen werde. Zu oft werde das Gefühl vermittelt, andere übernähmen schon für uns die Arbeit. Ein gefährlicher Trugschluss: „Komplexe Herausforderungen erfordern Mitdenken und Mittun. Es braucht die Ambitionen, klugen Ideen und mutigen Entscheidungen Vieler.“
Um dahin zu gelangen, gelte es, verschiedene Voraussetzungen zu schaffen: Dazu gehöre, dass Mehrheitsentscheidungen zu akzeptieren seien und nicht eine Minderheit eine Mehrheit dominieren dürfe. Das umfasse aber auch eine Debatte um den Grundkonsens, hinter dem sich alle versammeln könnten, und letztlich die Akzeptanz von Vielfalt in der Gesellschaft. „Vielfalt ist anstrengend. Aber das Gegenteil ist Einfalt – und wer will schon einfältig sein?“
Ausgrenzung und Abgrenzung führen nicht zum Ziel. Für den Politiker, der noch heute vielfältige Beziehungen in alle Welt pflegt, zeigen das insbesondere die aktuellen internationalen politischen Ereignisse und Entwicklungen, das Erstarken von Autokratien und der wachsende Einfluss von antidemokratischen Kräften. Deutschland sei als gefestigte Demokratie hoch anerkannt in der Welt, müsse aber wieder mit mehr Fingerspitzengefühl und Wertschätzung anderen gegenüber auftreten und mit weniger Selbstgerechtigkeit, mahnte er.
Bevor es in die Diskussion ging, formulierte Christian Wulff den Auftrag an alle, über die Demokratie zu reden und sich selbst dafür einzusetzen. „Mein Wunsch ist, dass wir Gespräche mit unseren Kindern und Enkeln so führen, dass sich auch künftige Generationen mit Sachverstand engagieren.“