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Coronavirus: auch internationale Schifffahrt und weltweiter Handel betroffen

Das Coronavirus, das seinen Anfang im chinesischen Wuhan nahm, hat sich von China schnell auf andere Teile Asiens, Europas und Nordamerikas ausgebreitet. Inzwischen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) den Ausbruch zu einer „gesundheitlichen Notlage von internationaler Tragweite" erklärt – mit Folgen für die internationale Wirtschaft. Wir haben für Sie eine Übersicht über die Probleme zusammengestellt, die jetzt in der Schifffahrts- und Handelsbranche auftreten können.

Es wird aufgrund dieser viralen Krankheit – wie in den vergangenen Jahren bei SARS, MERS und Ebola – zu kleinen und großen operativen Schwierigkeiten in der Schifffahrts- und Handelsbranche kommen. Da muss geprüft werden, ob Häfen noch sicher sind. Möglicherweise müssen Schiffe umgeleitet und Verträge – auch Versicherungsverträge – überarbeitet werden. Lieferausfälle müssen kompensiert werden und, und, und.

Hier die Themen:

1. (Un-)Sichere Häfen (Safe-Port-Regelung in Charterverträgen)

2. Umleitung und Quarantäne („Deviation and Quarantine“) im Chartervertrag

3. Höhere Gewalt

4. BIMCO Infektions- oder Infektionskrankheitsklausel in Charterverträgen

5. Unterbrochene Lieferketten

6. Betriebsunterbrechung, Betriebsschließung

Haben Sie akuten Handlungsbedarf? Sind Ihre begonnenen Transporte bereits beeinträchtigt, dann sprechen Sie uns bitte an. Wir suchen mit Ihnen gemeinsam nach Lösungsansätzen im Rahmen Ihrer Versicherungen.

 

1. (Un-)Sichere Häfen (Safe-Port-Regelung in Charterverträgen)

Time- und auch Voyage-Charter-Verträge enthalten in der Regel die Zusicherung des Charterers, nach der sie sichere Häfen für das Schiff benennen müssen („Safe Port“). „Safe“ betrifft typischerweise die physikalischen Gegebenheiten eines Hafens oder die vorherrschenden Wetterbedingungen. Aber auch Gefahren für die Besatzung in Form von politischen Risiken oder Krankheiten können einen Hafen unsicher machen. Wenn ein Hafen demnach als unsicher zu bewerten ist, kann ein Reeder zu Recht das Anlaufen eines solchen Hafens ablehnen. In Bezug auf das neue Coronavirus wären allerdings überzeugende Belege erforderlich, um das reelle Vorliegen des Risikos und die hiermit einhergehende Unsicherheit des Hafens nachzuweisen. Die Gesamtsituation verändert sich derzeit sehr dynamisch. Darum muss die Situation in den einzelnen Regionen und deren Häfen wiederkehrend sorgfältig abgewogen werden – insbesondere in Wuhan und anderen umliegenden Häfen am Jangtse.

Wenn ein Hafen nach dem Abschluss eines Chartervertrages unsicher wird, ist der Charterer dazu verpflichtet, einen alternativen Hafen zu benennen. Befindet sich das Schiff bereits in einem Hafen, der währenddessen unsicher wird, die Gefahr jedoch durch Verlassen des Hafens vermieden werden kann, muss der Charterer möglicherweise die Abfahrt des Schiffes anordnen.

 

2. Umleitung und Quarantäne („Deviation and Quarantine“) im Chartervertrag

Ein Fall des in Singapur identifizierten Coronavirus betraf eine Person, die an Bord eines Frachtschiffs gedient hatte. Das Schiff wurde noch am Liegeplatz isoliert und sofortige Desinfektionsmaßnahmen wurden eingeleitet.

Wenn sich ein Mitglied der Besatzung unwohl fühlt oder im Verdacht steht, das Virus mit sich zu führen, kann dies bereits zu einer Umleitung und/oder Quarantäne des Schiffes führen.

Es steht dem Reeder frei, im Rahmen eines Time-Charter-Vertrages zum Zwecke der Lebensrettung von seinen frachtvertraglichen Pflichten abzuweichen. Das Schiff kann auch für die gesamte Dauer einer Umleitung, einschließlich der Rückkehr zur ursprünglichen Reiseroute, vom vereinbarten Dienst befreit werden („Off-Hire“).

Die Situation im Rahmen eines Voyage-Charter-Vertrages dürfte ähnlich sein, da die meisten Voyage-Charters dem Schiff eine Umleitung erlauben, um Leben zu retten. Es fallen hierbei dem Charterer keine zusätzlichen Frachtkosten an. Wir weisen allerdings darauf hin, dass das Element „Leben retten" vertraglich fest verankert sein muss, um eine solche Umleitung zu rechtfertigen.

 

3. Höhere Gewalt

Internationale Handels- und Charterverträge enthalten normalerweise eine Klausel zur höheren Gewalt. Üblicherweise regelt diese Klausel auch die Beendigung des Vertrages oder befreit die Parteien von der Erfüllung ihrer vertraglichen Verpflichtungen, wenn ein außergewöhnliches Ereignis eintritt, auf das keine Vertragspartei Einfluss hat. Ob ein „Ereignis der höheren Gewalt“ vorliegt, hängt von der üblichen Handelspraxis und natürlich vom genauen Vertragswortlaut und dem vorliegenden Fall ab. Eine detaillierte Klausel über höhere Gewalt kann Ereignisse wie Quarantäne, Einreise- und Ausreisebeschränkungen, Behinderung durch Herrscher, Behörden oder Volk, Epidemien und bestimmte Störungen des inländischen und landseitigen Transports als Ereignisse höherer Gewalt deklarieren. In diesem Fall kann die Klausel Anwendung finden, wenn die entsprechenden Umstände vorliegen, zum Beispiel, wenn ein Hafen geschlossen wird oder eine Ladung den Ladehafen aufgrund von Transportbeschränkungen oder -störungen nicht erreichen kann oder wenn eine Epidemie vorliegt.

Bitte beachten Sie, dass der zum chinesischen Handelsministerium gehörende Wirtschaftsverband China Council for the Promotion of International Trade (CCPIT) nun (auf Anfrage) Zertifikate über das Vorliegen höherer Gewalt für Unternehmen in China ausstellt, wenn deren Geschäfte mit ausländischen Partnern vom Ausbruch des Virus betroffen sind. Ob sich eine Vertragspartei zur Erklärung höherer Gewalt auf ein solches Zertifikat berufen kann, hängt von einer sorgfältigen Analyse des Sachverhalts und dem Wortlaut der Klausel über höhere Gewalt (wie oben erwähnt) ab. Ein wesentlicher Punkt wird darin liegen, ob solche Unternehmen wirklich und ernsthaft vom Virusausbruch betroffen sind, keine Alternative zur Einstellung ihres Geschäftsbetriebs haben beziehungsweise keine Möglichkeit besteht, anderweitig ihre vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen.

Es wird empfohlen, in der Verhandlung neuer Handels- oder Charterverträge darauf zu achten, dass eine Klausel über höhere Gewalt in geeigneter Form enthalten ist. Sprechen Sie hierzu und gegebenenfalls zu aktuellen Störungen in Handelsverträgen mit Ihren Fachanwälten.

 

4. BIMCO Infektions- oder Infektionskrankheitsklausel in Charterverträgen

Einige Charterverträge enthalten möglicherweise die BIMCO-Klausel für infektiöse oder ansteckende Krankheiten – „BIMCO Infectious or Contagious Disease Clause“. Die Klausel wurde 2015 als Reaktion auf den Ausbruch des Ebolavirus in Westafrika veröffentlicht. Diese wird häufig in den BIMCO-Wordings zu Time- und Voyage-Charter-Verträgen verwandt.

Die Klausel stellt die jeweiligen Rechte und Pflichten der Parteien klar, wenn ein Schiff von dem Ausbruch oder den Folgen einer Krankheit betroffen ist. Es ist daher wichtig zu prüfen, ob ein Chartervertrag eine solche Klausel enthält. Beachten Sie jedoch, dass die Klausel nur in den schwerwiegendsten Fällen Anwendung finden kann und hierfür eine hohe Schwelle festgelegt wurde – sie wird erst bei Auftreten einer extremen Krankheit wirksam und kann nicht in Bezug auf häufiger auftretende und weitverbreitete Virenerkrankungen angewendet werden.

 

5. Unterbrochene Lieferketten

Die Region rund um die chinesische Stadt Wuhan befindet sich derzeit im Ausnahmezustand. Das öffentliche Leben und somit auch die Wirtschaft/Industrie in der Region sind zum Erliegen gekommen. Dies wird sich nicht nur gravierend auf die chinesische Wirtschaft, sondern auch spürbar sowohl auf das produzierende als auch transportierende Gewerbe außerhalb von China auswirken.

Wir empfehlen, den Ausbruch des neuen Coronavirus und die möglicherweise damit einhergehende Unterbrechung von Lieferketten zum Anlass zu nehmen, das eigene betriebliche Risikomanagement zu überprüfen. Lassen sich beispielsweise Redundanzen schaffen, um zukünftig Lieferausfälle kompensieren zu können? Gegebenenfalls finden sich zudem Ansätze, einen drohenden finanziellen Schaden zu gewissen Risiken über eine Lieferkettenversicherung (Supply-Chain-Cover) abzudecken. Gerne beraten wir Sie hierzu. Hierbei handelt es sich stets um für Sie maßgeschneiderte Konzepte.

 

6. Betriebsunterbrechung, Betriebsschließung

Wenn ein Unternehmen infolge des Coronavirus seinen Betrieb einstellen muss (wie jetzt in Bayern), sind die Folgen nicht durch eine Betriebsunterbrechungsversicherung gedeckt. Für die Absicherung von Sachschäden und Ertragsausfällen gibt es am deutschen Markt die eine oder andere spezielle, aber keine allgemeine Lösung. Im Gegenteil: Die am deutschen Markt tätigen Sachversicherer schließen das Thema regelmäßig aus. Einzige Ausnahme bilden spezielle Vereinbarungen bei Konzernunternehmen, die hierfür Deckungsschutz in begrenztem Umfang eingekauft haben.

Eine Möglichkeit wäre aber eine Betriebsschließungsversicherung infolge von Infektionen/Seuchen. Denn bereits der Verdacht auf eine Coronavirus-Infektion ist meldepflichtig. Damit besteht ein meldepflichtiger Tatbestand nach Infektionsschutzgesetz. Verfügt auf dieser Basis das Gesundheitsamt eine Schließung eines Betriebes, kann eine Betriebsschließungsversicherung die Kosten übernehmen, die sich infolge Seuchengefahr durch die Betriebsschließung, durch Desinfektionsmaßnahmen, das Tätigkeitsverbot und die Beobachtung (von Mitarbeitenden) und Ermittlung (zum Beispiel durch Laborkosten) ergeben.

Bei den von unserer Unternehmensgruppe entwickelten Konzepten reicht auch eine Empfehlung des Gesundheitsamtes beziehungsweise des Robert-Koch-Institutes aus, um den Versicherungsfall auszulösen. Ob und in welchem Umfang Versicherungsschutz besteht, ergibt sich aus dem jeweiligen Bedingungen des Versicherungsvertrages.

Betriebsschließungsversicherungen sind in der Gesundheitswirtschaft und der Sozialwirtschaft weit verbreitet. Auch Fleischereien und andere Lebensmittelerzeuger sowie Hotelbetriebe schließen sie ab. Normale Industriebetriebe verfügen hingegen selten über diese Versicherung.

Dritte denkbare Möglichkeit, um solche Fälle abzusichern, wären parametrische Deckungen.

Bitte nehmen Sie Kontakt zu uns auf, um die richtige Lösung für Sie zu finden.

 

 

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