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ENTWICKLUNGEN & TRENDS DES VERSICHERUNGSMARKTES 2018 (TEIL III)

Industrielle Sach- und Ertragsausfallversicherung – Restriktives Regulierungsverhalten verfestigt sich

Das zu Ende gehende Jahr sorgt weiter mit Großschäden für Belastungen bei den großen Industrieversicherern – in Deutschland, Europa und weltweit. Bereits jetzt ist abzusehen, dass die Ergebnisse vieler Versicherer im Bereich der industriellen Sachversicherung in diesem Jahr wieder negativ sein werden. 

Ereignisse wie der Brand in der Raffinerie Ingolstadt oder das Feuer bei einem Chemiefaserhersteller in Kelheim sowie der Einsturz der Autobahnbrücke in Genua, der Dammbruch in Kolumbien oder die Naturkatastrophen in Amerika und Asien sorgen mit dreistelligen Millionenschäden für Verluste in den Bilanzen der Versicherer.

Die Versicherer reagieren darauf (wie seit geraumer Zeit) mit weiteren Verknappungen der Kapazitäten, steigenden Preisen und Verschlechterungen der Konditionen, vor allem mit Erhöhungen der Selbstbeteiligungen in schadenträchtigen oder risikogeneigten Branchen. Unternehmen der chemie-, recycling-, holz- oder fleischverarbeitenden Industrie erhalten teilweise keinen oder nur eingeschränkten Versicherungsschutz beziehungsweise werden von vielen Versicherern überhaupt nicht mehr bedient. 

 

Marktsituation und Rückblick

Insgesamt haben die Unternehmen in der gewerblichen und industriellen Sach- und Ertragsausfallversicherung 2017 etwa 6,5 Mrd. Euro ausgegeben, was in etwa wieder einer Steigerungsrate von 3 Prozent entspricht. Ein genereller Trend zur Preissteigerung ist hier also nicht zu erkennen, da sich der größte Teil dieser Steigerungen auf Umsatzzuwächse und Investitionen (Summenanpassungen) zurückführen lässt. Insbesondere die steigenden Kosten im Baubereich haben zu dieser Entwicklung maßgeblich beigetragen. Wir sehen diese Entwicklung im Durchschnitt als Seitwärtsbewegung auf nach wie vor niedrigem Niveau.

Die Ergebnisse der Versicherer bewegen sich im Segment der gewerblichen und industriellen Sachversicherung weiterhin im roten Bereich. Nach den ersten Hochrechnungen dürfte die durchschnittliche Schaden-Kosten-Quote bei 112 Prozent liegen, nach 111 Prozent im Vorjahr. Betrachtet man nur die industrielle Sach- und Ertragsausfallversicherung, wird die Quote wohl deutlich über 120 Prozent (vor Abwicklungsgewinnen) rangieren. Nach den Informationen einzelner Versicherer stellt sich aber die Ertragssituation im vergangenen Jahr deutlich differenzierter dar. Es gibt einige Marktteilnehmer, die durch die genannten Schadenereignisse sehr schlechte Ergebnisse erwirtschaftet haben. Andere Gesellschaften haben gute bis exzellente Ergebnisse erzielen können. 

Der Trend, den vorbeugenden Brandschutz und das generelle Sicherheitsmanagement stärker in den Fokus zu rücken, ist bei den Versicherern ungebrochen, insbesondere in den sogenannten schwierigen Branchen. 

Das Prämienniveau war im vergangenen Jahr weitestgehend stabil. In einigen Bereichen, wie zum Beispiel der Metall- und Elektroindustrie, im Fahrzeugbau beziehungsweise bei den Zulieferern, bei Glas und Keramik etc., konnten sogar im Wettbewerb noch Einsparungen erzielt werden. Der Großteil der Verträge aber wurde zu weitestgehend unveränderten Konditionen verlängert. 

Die Unternehmen der chemie-, holz- und fleischverarbeitenden Industrie hatten mit einem deutlich schwierigeren Umfeld zu kämpfen. Im Bereich der Sägewerke oder Recyclingbetriebe setzt sich der Trend fort, dass diese Unternehmen keinen oder nur begrenzten Versicherungsschutz zu wirtschaftlich kaum noch vertretbaren Konditionen erhalten. Viele Versicherer haben diese Branchen mittlerweile ganz aus ihrem Geschäftssegment gestrichen. Große Broker am deutschen Markt platzieren Deckungen für derartige Unternehmen verstärkt über den englischen Markt. 

Ebenfalls schwierig ist der Einkauf von Versicherungsschutz bei Unternehmen mit schlechten Schadenhistorien und unzureichenden Brandschutzvorkehrungen. Dieser Trend, der bereits seit längerer Zeit zu beobachten ist, hat sich weiter verstärkt.

In der Versicherer-Landschaft hat sich 2017 nicht allzu viel getan. Einige Versicherer haben das Sach-Industriegeschäft ganz oder teilweise eingestellt oder sich von bestimmten Geschäftssegmenten getrennt, wie die VHV, die Saarland Versicherung, die Basler, AIG oder die Inter Versicherung. Neue Versicherer, die in den vergangenen Jahren am deutschen Markt aktiv geworden sind, wie die Berkshire Hathaway, der Swiss Re Corso, Generali oder Mapfre, haben ihr Engagement ausgebaut. 

Weiterhin negativ ist das Regulierungsverhalten der Versicherer (bis auf wenige Ausnahmen) zu bewerten. Sowohl bei Großschäden als auch bei kleineren Schadenfällen versuchen die Versicherer, Abstriche an den Entschädigungen vorzunehmen, den Kunden zustehende Leistungen zu kürzen oder ganz zu verwehren. Ein partnerschaftliches und faires Verhalten bei der Schadenregulierung im Sinne des abgeschlossenen Vertrages und im Interesse des Kunden wird eher zur Seltenheit.     

 

Markttrend 2018/19

Unsere Einschätzung aus dem Februar 2018, wonach sich der Trend bei den meisten Versicherern zur Konsolidierung der Ertragszahlen im Segment der industriellen Sachversicherung weiter fortsetzen wird, hat sich bestätigt. Einige wenige Versicherer, die in den vergangenen Jahren gute Schadenquoten realisieren konnten, versuchen, Marktanteile bei „wünschenswertem“ Geschäft hinzuzugewinnen. Die meisten Gesellschaften bereinigen aber eher ihre Bestände, versuchen Verschlechterungen der Konditionen umzusetzen oder trennen sich von schwierigen Risiken.  

Eine weitere Spreizung der angebotenen Prämien durch die Einführung des neuen Tarifs wird immer sichtbarer, was dazu führt, dass einheitliche Prämiensätze in den Versicherer-Konsortien kaum noch darstellbar sind. Ebenfalls festzustellen ist eine generelle Verteuerung der Prämien zur Ertragsausfallversicherung. 

Ein Trend, der sich schon seit einiger Zeit abzeichnet, ist die schwierige Platzierung von mittelständischen Unternehmen mit Umsätzen von 15 bis 150 Mio. Euro in den vorgenannten Branchen Holz-, Recycling-, Chemie- und Fleischverarbeitung. Diese Unternehmen verfügen einerseits oftmals nicht über die von den Versicherern geforderten Sicherheitsstandards, andererseits stehen diesen Unternehmen nicht alle Märkte zur Verfügung, da diese Märkte sich meist erst oberhalb dieser Unternehmensgrößen engagieren. Hier wird es wohl zu einer weiteren Verhärtung der Konditionen kommen. Für alle anderen Branchen dürfte es bei der Verharrung auf dem derzeitigen Niveau bleiben.

Für diese Unternehmen und Unternehmen mit hohen Schadenlasten bedeutet dies, dass sie sich auf höhere Versicherungskosten und Investitionen in die Verbesserung des Brandschutzes und der Sicherheitstechnik einstellen müssen. Die schlechten Geschäftsergebnisse der Versicherer im Bereich der industriellen Sachversicherung haben in den vergangenen Jahren zu einem immer restriktiveren Regulierungsverhalten geführt. Auch dieser Trend wird sich weiter verfestigen. Leider ist in diesem Zusammenhang auch eine Tendenz zu schwindender Fachkenntnis der Versicherer feststellbar. 

Stromintensive Unternehmen, die teilweise von der EEG-Umlage und den Netzentgelten befreit sind, können mittlerweile das Risiko des Verlustes ihrer Befreiung in der Zukunft durch den Einschluss bestimmter Klauseln absichern. Die Konditionen dazu sind von Anbieter zu Anbieter recht unterschiedlich.

Zuletzt ist die Anbieterseite in Bewegung geraten: Hatte zum Beispiel die Mapfre als größter spanischer Versicherer im vergangenen Jahr noch vor, ihr Engagement auszubauen, hat man sich aus dem Geschäft in Deutschland in Gänze zurückgezogen und alle Verträge gekündigt. Ähnlich die MS Amlin: 2014 mit großen Plänen gestartet, gibt sie ihr Geschäft in Deutschland zum 31.12.2019 auf. Alle Verträge werden zu den jeweiligen Abläufen ebenfalls gekündigt. Die AXA übernimmt zur Mitte des Jahres die XL Catlin und baut damit ihr internationales Geschäft aus.  

Alle diese Veränderungen führen dazu, dass sich die Kapazitäten am Markt der industriellen Sachversicherung weiter verringern, was neben den schlechten Ergebnissen zu weiteren Preiserhöhungen führen wird. 

Ein letzter Unsicherheitsfaktor bleibt der Brexit. Sollte doch noch ein harter Brexit zum Tragen kommen, wird das Ausweichen auf den englischen Markt schwieriger, wobei viele Marktteilnehmer bereits Möglichkeiten mit Repräsentanzen außerhalb des Vereinigten Königreichs geschaffen haben, um die Folgen abzumildern.

(Fortsetzung folgt – Teil IV über Technische Versicherungen)

Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

 

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