Haftpflicht/Rechtsschutz
Financial Lines
FINANCIAL LINES
Nachdem die harte Marktphase in den letzten zwei Jahren für reduzierte Kapazitäten auf höchstem Prämienniveau gesorgt hat, ist für 2023/2024 eine Stabilisierung bzw. Normalisierung der Konditionen zu beobachten – auch wenn die Konditionen noch immer auf hohem Niveau liegen.
Bei gut verlaufenden Risiken zeigen die Versicherer wieder Zeichnungsappetit und erste Prämieneinsparungspotentiale sind erkennbar. War in den letzten Jahren ein Austausch der Risikoträger durch fehlende Kapazitäten und der zurückhaltenden Zeichnungspolitik der Versicherer mehr als schwierig, so zeigen sich jetzt durchaus attraktive Alternativen, um die Konditionen für unsere Kunden zu verbessern.
Natürlich bleiben auch die Financial Lines-Sparten nicht unberührt von den Entwicklungen des allgemeinen Marktumfeldes und der aktuellen wirtschaftlichen Entwicklung, welche die Unternehmen und deren Bilanzen beeinflussen, wie der anhaltende Krieg in der Ukraine, hohe Energiekosten, Lieferkettenprobleme, Inflation, Cyberrisiken und die Aufstellung der Unternehmen zu ESG (Environmental, Sozial, Governance).
Insofern fokussieren sich die Versicherer bei der Bewertung der größeren Unternehmensrisiken auf diese Punkte und hinterfragen diese gezielt in den Underwriter-Calls.
Generelle Entwicklung des D&OMarktes
Im Detail beobachten wir folgende Tendenzen:
Kapazitäten
Die Zeichnungsgrenzen der einzelnen Versicherer bleiben grundsätzlich unverändert bei 10 bis 15 Millionen Euro. Lediglich für besonders gut bewertete Einzelrisiken erhält man über Assekuradeure oder Versicherer für einen Kunden Limite von 20 Millionen Euro bzw. 25 Millionen Euro.
Problematische Branchen
Unternehmensbranchen, die durch die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung Umsatzeinbrüche oder Insolvenzrisiken verzeichnen, stehen bei den D&O-Versicherern unter besonderer Beobachtung. Hierzu zählen insbesondere Retailer und Filialisten aus dem Bereich der Bekleidungsindustrie/ Mode, Kfz-Zulieferer, aber auch das Baugewerbe, Gießereien und der Chemiesektor. Bei diesen Risiken erfolgt eine dezidierte Überprüfung der Wirtschaftskennzahlen. Versicherungsschutz wird auf – im Vergleich zu anderen Branchen – hohem Prämienniveau und teilweise nur mit Ausschlüssen wie der Insolvenzklausel geboten. Gerade bei solchen exponierten Unternehmen ist es wichtig, eine ausführliche Marktsondierung vorzunehmen, um die bestmöglichen Konditionen zu erhalten.
Underwriter-Calls
Bei D&O-Programmen für Konzerne und industrielle Großrisiken hat es sich etabliert, in Vorbereitung auf die Erneuerungsverhandlungen sogenannte Underwriter-Calls durchzuführen. Hierzu werden alle am Programm beteiligten und interessierten Versicherer eingeladen. Auf Basis einer Agenda werden alle wichtigen Themen und Fragestellungen der Versicherer von Seiten des Kunden beantwortet. Dies hat den Vorteil, dass sich alle Underwriter der Versicherer einen Eindruck von dem zu zeichnenden Risiko machen können. Durch gut vorbereitete Underwriter-Calls ist es uns gelungen, auch schwerste Risiken gut zu vermarkten. Hierbei ist für ein positives Ergebnis die gute fachliche Vorbereitung und Mitwirkung der Kunden maßgeblich.
Kumul- und Abgrenzungsprobleme zur Cyber- und Vertrauensschadenversicherung (VSV)
Sind Risikoträger parallel in mehreren Sparten engagiert, wie zum Beispiel als gleichzeitiger Grundversicherer in der D&O-, Cyber- oder auch in der Vertrauensschadenversicherung, versuchen sie durch Kumulregelungen oder Abgrenzungsklauseln ihre maximale Haftung im Schadenfall zu begrenzen. Dies machen sie, indem beispielsweise bei Anmeldung/Zahlung eines Schadenfalls zu allen Policen (zum Beispiel D&O/Cyber/VSV oder Haftpflicht) die höchste der Versicherungssummen lediglich einmal an den Kunden ausgezahlt wird. Der Kunde hat aber für drei Versicherungssummen Prämie gezahlt. Eine solche Begrenzung ist unvorteilhaft für den Kunden und sollte vermieden werden. Ferner sind Ausschlüsse in der D&O-Versicherung zu Cyber inakzeptabel. Denn aus jedem potenziellen Cyberschaden könnte auch ein Haftungsanspruch gegen das Management des Unternehmens entstehen.
Entspannungstendenzen auf dem D&O-Markt sind vorhanden.
Environmental, Sozial, Governance (ESG)
Auch in der D&O steht bei der Überprüfung des Kunden das Thema ESG und Nachhaltigkeit vermehrt im Fokus der Versicherer. In den Underwriter-Calls für Großrisiken fragen die Versicherer gezielt nach diesen Themen. Je besser ein Kunde sich hierzu präsentieren kann, desto besser auch die Risikobewertung der Versicherer. Fakt ist, dass ESG ein Managementthema für jedes Unternehmen ist und zu einer persönlichen Haftung und Inanspruchnahme der Geschäftsführung/des Vorstandes führen könnte.
Prämienentwicklung
Bei den Prämien kann man eine tendenzielle Normalisierung des Marktes beobachten. Viele Verträge werden in diesem Jahr „as is“ zu unveränderten Prämien prolongiert. Im Konzernkundenbereich und D&O-Towern werden wir gezielt für unsere Kunden „Unwuchten“ bereinigen, die in der harten Marktphase dadurch entstanden sind, dass man hohe Prämiensätze und Vertical Pricing akzeptieren musste, um die Kapazitätslücken zu schließen. Im Middlemarket beobachten wir Risikoappetit und Konkurrenzangebote, die zu einer Optimierung des Prämienniveaus eingesetzt werden können. Im Bereich der kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) werden die Mindestprämien wohl eher stagnieren und nicht wieder auf das Niveau früherer Jahre absinken. Trotzdem sehen wir auch in diesem Segment positive Entwicklungen für unsere Kunden.
Bedingungsentwicklung
Bei den aktuellen Bedingungsverhandlungen beobachten wir erste positive Tendenzen. Auch hier scheint die „harte Marktphase“ beendet. Zwar werden die Versicherer Benefits, wie zum Beispiel die Zusatzklauseln zur Wiederauffüllung der Versicherungssumme, die Zweifach- Maximierungen der Versicherungssummen oder die Verlängerung der Nachmeldefristen nicht mehr freiwillig und prämienfrei zur Verfügung stellen, aber zumindest wieder gegen Prämienzuschläge als Optionen in die Angebote aufnehmen. Wordingverhandlungen, die in der Hartmarktphase keinen Sinn ergaben, werden nunmehr gezielt wieder aufgenommen, um Mehrwerte für unsere Kunden zu schaffen.
Unternehmen mit schlechten Kennzahlen und kritische Branchen bedürfen intensiver Begleitung im Renewalprozess.
Neue rechtliche Entwicklungen
Viele neue Gesetze und Compliance- Regelungen führen zu einer verschärften Haftung für die Unternehmensmanagerinnen und -manager, welche sich dann mittelbar auch auf die Prämien und Konditionen der D&O-Versicherungen auswirken können. Aktuell im Fokus stehen dabei neue Gesetze wie die Einführung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes, der Verbandsklage in Deutschland, verschärfte Sanktionen für den In- und Export sowie steigende Anwalts- und Gerichtskosten. Fakt ist, dass neue Haftungs- und Compliance-Vorgaben zu neuen Inanspruchnahmen von Managerinnen und Managern führen können. Wie sich diese tatsächlich in Zahlen und auf effektive Schadenquoten auswirken, kann man Stand heute noch nicht beurteilen. Trotzdem werden diese Neuerungen bereits jetzt gerne in der Argumentation verwendet, um möglichen Reduzierungen entgegenzuwirken.
UK-Markt
Es wird gesagt, dass der englische D&O-Markt dem deutschen 18 Monate in der Entwicklung voraus sei. Wie uns unsere Partner berichten, haben sich die Prämien stark reduziert. Allerdings darf man nicht außer Acht lassen, dass das Prämienniveau in der harten Marktphase in UK vielfach höher lag als in Deutschland. Auch sind die Zeichnungskapazitäten einzelner Versicherer oftmals viel geringer und liegen in der Regel zwischen 2,5 Millionen und maximal 10 Millionen Euro. Trotzdem ist die Tendenz aus UK als positiv zu bezeichnen und als entsprechendes Signal auch für die nächsten Monate/Jahre für den deutschen Markt zu bewerten.
IPO/POSI
Die Absicherung von Börsengängen und Kapitalmaßnahmen über die Spezialprodukte wie die IPO (= Initial Public Offering) oder POSI (= Public Offering Security Insurance) war in den letzten zwei Jahren der harten Marktphase schwierig und teuer. Fehlende Kapazitäten, Zeichnungsverbote und restriktive Zeichnungsvorgaben bestimmten den Markt. Auch die Anzahl der Börsengänge und Kapitalmaßnahmen ging im Vergleich zu den Vorjahren erheblich zurück. Aktuell sehen wir positive Signale in Bezug auf Zeichnungsbereitschaft und Wordings. Auch können wir Senkungen von bis zu 30 Prozent bei den Prämiensätzen im Verhältnis zu den Vorjahren beobachten. Ausreichende Kapazitäten für Limite oberhalb 100 Millionen Euro sind über den deutschen und UK-Markt verfügbar.
Ausblick: Erwartungen für die Zukunft
Wir gehen davon aus, dass sich der D&O-Markt in den nächsten Monaten und im nächsten Jahr weiter normalisiert. Allerdings glauben wir nicht, dass eine langfristige Weichmarktphase wie in den vergangenen Jahren vor Corona eintreten wird. Im eigenen Interesse werden die Versicherer sogenannte Dumping- Prämien vermeiden, um wirtschaftlich handeln zu können. Eine Phase der Konsolidierung wäre wünschenswert, um Stabilität und Zeichnungsbereitschaft auch für schwere Risiken zu erhalten.
Nichtsdestotrotz: Konkurrenz belebt das Geschäft und als Ihr Makler ist es unser Anspruch, bestmögliche Konditionen und Markttransparenz für Sie zu erreichen.