Vorsorge

Gute Köpfe gewinnen, bewährte Kräfte binden

Durchdachte betriebliche Vorsorgemodelle erhöhen die Attraktivität als Arbeitgeber

Norbert Blüms Satz „die Rente ist sicher“ hat seinen Schöpfer überlebt. Aber genauso sicher ist, dass die staatliche Rente allein den Lebensstandard im Alter nicht finanziert. Betriebliche und private Altersvorsorge bilden die zweite und dritte Säule des Altersversorgungsmodells. Arbeitgeber sollten betriebliche Vorsorgemodelle allerdings nicht nur als lästiges Pflichtthema begreifen. Darin steckt viel Potenzial, um sich im „Wettbewerb um die Köpfe“ zu profilieren. Gemeinsam mit Frank Buschmann, Geschäftsführer der zu unserer Unternehmensgruppe gehörenden Deutschen Vorsorge GmbH, klären wir die wichtigsten Fragen in Zusammenhang mit betrieblichen Vorsorgemodellen.

 

Worauf ist beim Einstieg in betriebliche Vorsorgelösungen zu achten?

Frank Buschmann: Neben dem Rechtsanspruch auf Entgeltumwandlung sprechen Themen wie Arbeitgeberattraktivität, Fürsorgepflicht, Employer-Branding und vieles mehr dafür, sich als Arbeitgeber aktiv mit betrieblichen Vorsorgemöglichkeiten auseinanderzusetzen. Deshalb ist es sinnvoll, betriebliche Vorsorge nicht als notwendiges Übel anzusehen, sondern die Gestaltungsspielräume solcher Modelle als Chance für das eigene Unternehmen zu nutzen. Arbeitgeber sind daher gut beraten, sich proaktiv und strukturiert mit dem Thema zu befassen.

 

Was kennzeichnet ein strukturiertes Vorgehen?

Frank Buschmann: Wir beginnen mit einer juristischen Analyse. Unsere Juristen prüfen die vorhandenen Versorgungsversprechen auf Deckungslücken und Haftungsrisiken. Sofern notwendig, veranlassen wir eine Neuordnung und Ergänzung vorhandener Versorgungsversprechen, um spätere finanzielle Schäden durch zu hohe Arbeitnehmeransprüche vom Unternehmen abzuwenden. So ist sichergestellt, dass Vorsorgelösungen rechtssicher und haftungsfrei aufgestellt sind. Werden Vorsorgelösungen hingegen unsachgemäß aufgesetzt, kann es zu Haftungsrisiken kommen und dazu, dass der Arbeitgeber Geld in das Versorgungswerk nachschießen muss. Das sollte nicht passieren.

 

Was ist wichtig, um Probleme im Vorfeld zu vermeiden?

Frank Buschmann: An erster Stelle steht ein schriftliches Regelwerk, das festhält, wie betriebliche Vorsorgelösungen umgesetzt werden sollen. Wir empfehlen, dass jeder Arbeitgeber für die Altersversorgung der Beschäftigten und alle anderen Bereiche der betrieblichen Vorsorge eine Versorgungsordnung aufstellt. Darin wird klar geregelt, welches Ziel mit dem Versorgungswerk erreicht werden soll und wie die Umsetzung erfolgt. So lassen sich Konflikte vermeiden, sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmer haben einen Vorteil davon. Diese Versorgungsordnungen sind individuell und spiegeln die jeweiligen spezifischen Bedürfnisse des einzelnen Unternehmens und seiner Beschäftigten wider. Deshalb ist es wichtig, dass alle weiteren Vereinbarungen dem folgen. Ein Beispiel: Seit 2001 hat sich die Entgeltumwandlung aufgrund des darauf bestehenden Rechtsanspruchs sehr schnell verbreitet. Dabei hat sich aber gezeigt, dass in einer Vielzahl von Unternehmen weder die arbeitsrechtlichen Grundlagen und Anforderungen hinreichend sauber beachtet, noch die Informationspflichten des Arbeitgebers sorgfältig erfüllt wurden. Das Deutsche Institut für Altersversorgung hat festgestellt, dass in 90 Prozent aller Fälle Umwandlungsvereinbarungen gänzlich fehlen oder zumindest fehlerhaft sind. Wir konzipieren als Partner der Unternehmen deshalb zum Beispiel Entgeltumwandlungsvereinbarungen, die auf das Versorgungswerk des Unternehmens zugeschnitten sind, damit alles aus einem Guss ist. So lassen sich Haftungsrisiken minimieren.

 

Wie lässt sich der Aufwand geringhalten, der mit solchen Versorgungswerken verbunden ist?

Frank Buschmann: Wir sind in der Lage, die Verwaltungsprozesse digital zu gestalten, damit die Personalabteilung des Arbeitgebers nicht in Arbeit untergeht. So lässt sich der Administrationsaufwand so gering wie möglich halten. Unsere digitalen Services führen im Endergebnis dazu, dass die Arbeitgeber entlastet werden. Es lässt sich individuell vereinbaren, wie viel von der Administration eines Versorgungswerkes von uns übernommen werden soll.

 

Wo stecken Möglichkeiten, um sich als Arbeitgeber besonders zu profilieren?

Frank Buschmann: Ein Arbeitgeber sollte sich so aufstellen, dass die betrieblichen Vorsorgemöglichkeiten zu seiner Attraktivität auf dem Arbeitsmarkt beitragen. Arbeitgeber können auf diese Weise gute Köpfe für sich gewinnen und bewährte Kräfte an sich binden. Der Schweizer Unternehmer Alfred Bertschinger hat gesagt: „Mein wichtigstes Kapital hat Füße. Jeden Abend verlässt es das Unternehmen. Ich kann nur hoffen, dass es morgen wiederkommt.“ Das heißt, Unternehmen müssen eine Strategie entwickeln, wie sie sich im Wettbewerb um Mitarbeitende von anderen absetzen. Ein betriebliches Versorgungswerk bietet da großen Mehrwert. Mit verschiedenen Bausteinen können Unternehmen ihre Employer-Branding-Strategie zusätzlich zur betrieblichen Altersversorgung in dieser Hinsicht vervollständigen, zum Beispiel durch eine betriebliche Unfallversicherung, eine betriebliche Krankenversicherung oder Lebensarbeitszeitkonten. Für alle Bereiche haben wir Spezialisten, die gemeinsam zum Nutzen des Kunden und seiner Belegschaft ein komplettes Versorgungswerk umsetzen können. Wie weit die Arbeitgebermarke dadurch gestärkt wird, hängt natürlich auch davon ab, welche Vorsorgebausteine mit angeboten werden. Dazu müssen die Unternehmen auch eigenes Geld investieren, keine Frage. Aber Nichtstun ist keine Alternative.

 

Wo liegen bei diesem Themenkomplex der Versorgungswerke die Fallstricke?

Frank Buschmann: Bei der Auswahl der Produkte können Probleme lauern. Da benötigt ein Unternehmen einen Partner, der in der Lage ist, die richtigen Produkte von finanzstarken Partnern in der Versicherungswirtschaft auszusuchen, die zur Versorgungsordnung des jeweiligen Unternehmens passen und den Interessen der Beschäftigten gerecht werden. Gerade die Interessen der Arbeitnehmer sind ja sehr individuell, je nach persönlichen Vorlieben und Verhaltensweisen. Der eine legt Wert auf eine Berufsunfähigkeitsversicherung, der andere denkt eher an ein Lebensarbeitszeitmodell. Auch solche auseinanderstrebenden Interessen können in einem Versorgungswerk abgebildet werden, aber auch dafür ist es von entscheidender Bedeutung, die Regeln ausreichend schriftlich niedergelegt zu haben, um Streitigkeiten zu vermeiden.

 

Ein klares Regelwerk ist das eine. Aber die Arbeitnehmer müssen auch dafür gewonnen werden, die Modelle zu akzeptieren. Wie gehen Sie da vor?

Frank Buschmann: Ob die betriebliche Vorsorge in Unternehmen zum Erfolg oder Misserfolg wird, entscheidet die richtige Kommunikation. Es ist elementar, dass die Funktionsweise der betrieblichen Vorsorge von den Mitarbeitenden verstanden wird. Dabei ist es sehr anspruchsvoll, die Komplexität der betrieblichen Vorsorge in eine verständliche Sprache zu bringen. Bei der Beratung der Mitarbeitenden arbeiten wir mit fünf alternativen Kommunikationswegen – von vollständig physischer bis hin zur vollständig digitalen Beratung. Abhängig von den individuellen Anforderungen des Unternehmens wählen wir einen oder mehrere Kommunikationswege. In jedem Fall werden die Betriebsabläufe nicht gestört und ein maximales Verständnis in der Belegschaft mit einer klaren Sprache erzeugt. Das Verständnis schafft Akzeptanz. Die hohen Akzeptanzquoten sind dafür ein sichtbarer Beleg. Mit der Akzeptanz steigen die Produktivität und die Zufriedenheit der Mitarbeitenden, es verbessert sich das Betriebsklima, die Attraktivität als Arbeitgeber wächst.

 

Wohin entwickeln sich derzeit die Trends in den betrieblichen Versorgungswerken?

Frank Buschmann: Der Bedarf an betrieblicher Altersvorsorge ist immer vorhanden, darüber hinaus werden verstärkt arbeitgeberfinanzierte betriebliche Krankenversicherungen nachgefragt. Auch Lebensarbeitszeitkonten stehen häufiger im Mittelpunkt des Interesses, weil die Menschen heute eine gewisse Flexibilität haben möchten. Jüngst hat eine Studie des Sparkassen- und Giroverbands ergeben, dass Vorsorge auch bei jungen Menschen wieder hoch im Kurs steht.

 

Nun sorgt COVID-19 aber dafür, dass die wirtschaftliche Situation gerade nicht besonders rosig aussieht. Wie wirkt sich das aus?

Frank Buschmann: Es ist nachvollziehbar, dass Arbeitgeber derzeit etwas zurückhaltender sind, die wirtschaftlichen Aussichten sind diffus. Doch insbesondere mittelständische Unternehmer denken in der Regel ja nicht kurzfristig, sondern mittel- bis langfristig und damit auch über den Tag hinaus, an dem COVID-19 nicht mehr alle Schlagzeilen beherrscht. Es wird auch eine Wirtschaft nach der Pandemie geben. Und die Kernprobleme des demografischen Wandels und eines globalen Wettbewerbs um Arbeitskräfte werden bleiben.

 

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