Haftpflicht/Rechtsschutz

Kletterpartie auf eigene Gefahr

Baustellen müssen immer sorgfältig gesichert sein. Aber Bauunternehmen haften nicht in jedem Fall – auch nicht für übermütige Bauherren

Bauvorhaben sind bei vielen Unternehmen häufig. Aber Baustellen sind gefährlich. Gerüste, die zum Beispiel über Monate hinweg an einem Gebäude aufgebaut sind, locken – insbesondere nach Feierabend – Kinder magisch an. Und wer hat nicht schon erlebt, dass Bauherren abends „ihre“ Baustelle besichtigen und dann auch mal das Gerüst benutzen. Wie es dann um den Versicherungsschutz steht, beschreibt Versicherungsfachmann Andreas Berger.

Erkennbare Gefahren vermeiden und die Zugangsmöglichkeit zur Gefahrenstelle absichern
Die obligatorischen Bauschilder „Betreten verboten“ werden oft missachtet. Deshalb müssen Baufirmen – und da insbesondere die Gerüstbauer – Gefahrenquellen immer sogfältig sichern. Ist dies nicht der Fall, haften sie für einen entstandenen Schaden. So urteilte zum Beispiel das Oberlandesgericht Koblenz (OLG Koblenz 05.03.2014 Az.: 5 U 1090/13): Baufirmen haben auch gegenüber Menschen, die die Baustelle unbefugt betreten, eine Verkehrssicherungspflicht. Sie müssen deshalb alle erkennbaren Gefahrenquellen sorgfältig absichern.
 
Muss allerdings an der betreffenden Stelle zu dem betreffenden Zeitpunkt nicht damit gerechnet werden, dass Personen den Gefahrenort betreten, so besteht auch keine Verkehrssicherungspflicht.

Der Fall: Nach Arbeitsende besucht ein privater Bauherr unangemeldet seine Baustelle und klettert über das Gerüst ins erste Obergeschoss. Von dort fällt er durch einen ungesicherten Schacht bis in den Keller und verletzt sich schwer. Das Gebäude ist für Dachdeckerarbeiten eingerüstet. Allerdings haben die Arbeiter des Bauunternehmens zum Feierabend die innere Gerüstleiter entfernt, so dass man nur durch ein Emporklettern an den senkrechten Gerüststangen ins Obergeschoss gelangen konnte.

Das Urteil: Das Oberlandesgericht wies die Klage des Bauherrn auf Schadensersatz ab, da keine Verletzung der Verkehrssicherungspflicht gegeben war. Mit einer derart ungewöhnlichen Vorgehensweise des Bauherrn (Emporklettern an den Gerüststangen) musste niemand rechnen. 

Festzuhalten bleibt:
Gerüstbaustellen sind höchst gefährlich, und deshalb müssen die Bauunternehmer beziehungsweise die Gerüstbauer stets entsprechende Sicherungsmaßnahmen treffen! 

Grundsätzlich sind Personenschäden an der Baustelle zwar über eine gute Betriebshaftpflichtversicherung abgedeckt. Allerdings kann es bereits bei grob fahrlässigen Versäumnissen zu Problemen mit dem Versicherungsschutz kommen.

Dieser Text ist erstmals in „Der Gerüstbauer“, Ausgabe 05/2018 im Oktober 2018 erschienen.

Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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