Technische Versicherung
Schutzmaßnahmen bei temporärer Stilllegung von Gebäuden und Betriebsteilen
COVID-19 – eine außergewöhnliche Situation, die wir gemeinsam meistern werden
Die COVID-19-Pandemie hat massive wirtschaftliche Folgen. Unternehmen vom Kleinbetrieb bis zum Großkonzern müssen entweder ganz schließen oder die Produktion und Dienstleistung erheblich herunterfahren. Im vorrangigen Schutz der Mitarbeitenden und Kunden, in darauf abzielenden behördlichen Anordnungen, aber auch im Ausfall globaler Lieferketten und Kundenbeziehungen liegen die Gründe dafür.
In und durch die wirtschaftliche Ausnahmelage ergeben sich auch Veränderungen der betrieblichen Risikosituation. Zum Teil fallen betriebs- und produktspezifische Risiken vorübergehend weg, zugleich können aber andere Gefahrenpotentiale erwachsen, zum Beispiel durch unbemerkte Brandentstehungen oder Brandstiftung, Rohrbrüche, Unwetter, Diebstahl und Vandalismus in vorübergehend nicht genutzten Gebäuden.
Wir stehen Ihnen auch in dieser außergewöhnlichen Situation zur Seite. Nachfolgend finden Sie einige Schadenverhütungsmaßnahmen, die als Hilfestellung bei der vorübergehenden Außerbetriebnahme von Gebäuden und Betriebseinrichtungen dienen können. Bitte beachten Sie, dass die aufgelisteten Maßnahmen nicht allgemeingültig oder umfassend sind und im Unternehmen geprüft und individuell angepasst werden müssen.
Anzeige etwaiger Betriebs- oder Werksschließungen
Aus versicherungsrechtlicher Sicht kann eine Gefahrerhöhung vorliegen, wenn der Betrieb oder Teile des Betriebes stillgelegt werden. Gefahrerhöhungen beeinträchtigen in Ihrer Industrie-Sachversicherung die Verpflichtung des Versicherers zur Leistung nicht, müssen dem Risikoträger beziehungsweise Ihrem Versicherungsmakler aber angezeigt werden.
Einhaltung aller gesetzlichen, behördlichen sowie vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften
Die Einhaltung aller gesetzlichen, behördlichen sowie vertraglich vereinbarten Sicherheitsvorschriften ist auch im Falle einer teilweisen oder vollständigen Betriebsschließung maßgebend für die uneingeschränkte Aufrechterhaltung des Versicherungsschutzes. Die nachstehenden Empfehlungen dienen auch der Einhaltung der vorgenannten Sicherheitsvorschriften.
Ziele der Sicherheitsmaßnahmen
Die Sicherheitsmaßnahmen bei Betriebsstilllegungen zielen darauf ab,
- Betriebsgelände und -gebäude vor unbefugtem Zutritt zu schützen;
- Zündquellen und betriebliche Brandlasten (inklusive Anlagerungen) zu minimieren;
- die Funktionsbereitschaft aller vorhandenen Sicherheitseinrichtungen und -anlagen sicherzustellen;
- Gebäude und technische Anlagen vor weiteren Gefahren, zum Beispiel Unwetter oder Schäden durch Leitungswasser zu schützen.
Zutrittssicherheit
- Alle Türen ins Gebäude sollten möglichst mit hochwertigen Sicherheitsschlössern ausgerüstet sein.
- Fehlende oder zusätzliche Zugangsbeschränkungen sollten provisorisch ergänzt werden.
- Die Fenster und alle Zugänge/Zufahrten zum Betriebsgelände sind geschlossen zu halten.
- Das Betriebsgelände sollte ausgeleuchtet und bestenfalls durch einen Wachdienst permanent oder mindestens in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden.
Brandlasten
- Die Betriebsräume müssen vor dem Betriebsstillstand gründlich gereinigt werden.
- Reduzieren Sie die Menge an brennbaren Materialien. Dies können Roh- und Fertigwaren, aber auch Verpackungen und Paletten sein.
- Brennbare und (leicht) entzündliche Flüssigkeiten sind aus der Produktion zu entfernen und in qualifizierten Gefahrstofflagern/Sicherheitsschränken zu lagern (siehe TRGS 510).
- Insbesondere ölige und mit Lösemittel getränkte Putztücher müssen in nicht brennbaren Behältern mit dichtschließendem Deckel entsorgt werden.
- Technische und elektrische Betriebsräume sind frei von nutzungsfremden Brandlasten zu halten.
- Abfälle sollen kurzfristig entsorgt beziehungsweise müssen in ausreichendem Abstand von Gebäuden (mindestens fünf Meter) bis zur endgültigen Abholung durch den Entsorger zwischengelagert werden.
- Lagerplätze im Freien müssen einen ausreichenden Abstand zu den Gebäudeaußenwänden haben (mindestens fünf Meter, bei brennbarem Lagermaterial 20 Meter).
- Fahrzeuge sind auf dem Betriebsgelände so abzustellen, dass diese keine Brandgefahr für die Gebäude darstellen. Die Garagenverordnung ist weiterhin zu beachten.
Produktions- und Versorgungsanlagen
- Wo möglich und betrieblich sinnvoll, sollten alle gefährlichen Prozesseinrichtungen in einen sicheren Zustand heruntergefahren werden.
- Leitungen mit gasförmigen und flüssigen brennbaren Medien sollten – soweit praktisch möglich – abgeschiebert werden.
- Zur Vermeidung von unentdeckten Wasserschäden lohnt es sich zu prüfen, ob die Wasserversorgung (zumindest für Teilbereiche) abgesperrt werden kann. Die Betriebsbereitschaft für die Löschwasserversorgung (Sprinkler, Hydranten) muss aber erhalten bleiben.
- Analog sollte geprüft werden, ob Gebäudebereiche und Anlagen von der Stromversorgung getrennt werden können. Dabei sind natürlich sicherheitstechnische Anlagen und Prozessüberwachungen ausgenommen.
- Ladegeräte sollten für die Dauer der Stilllegung nicht betrieben, und die Stecker von elektrischen Kleingeräten gezogen werden.
Sicherheitsanlagen und -einrichtungen
- Die Betriebsbereitschaft automatischer Brandmelde- und Löschanlagen sowie Rauch- und Wärmeabzugsanlagen sollte nochmals überprüft und sichergestellt werden.
- Brandschutztüren und -tore (auch solche mit Feststellanlagen) sind zu schließen.
- Vorhandene Belüftungsanlagen zur Absaugung brennbarer Dämpfe aus Gefahrstofflagern müssen unbedingt weiter funktionieren. Dies gilt für den anlagentechnischen Explosionsschutz insgesamt.
- Einbruchmeldeanlagen sollten auf ihre Betriebsbereitschaft hin überprüft werden.
Regelmäßige Inspektionen
- Das Betriebsgelände und seine Gebäude und Anlagen sollten täglich, mindestens jedoch mehrfach pro Woche begangen werden und die obigen Maßnahmen Beachtung finden.
- Als Hilfestellung kann die unten aufgeführte kurze Checkliste Verwendung finden. Die Muster-Checkliste des VdS (VdS 2000-S1) schicken wir Ihnen gern auf Anforderung zu.
Sonstige organisatorische Maßnahmen
- Stellen Sie sicher, dass während der Begehung festgestellte Mängel unverzüglich behoben werden können (Rufbereitschaft eigener Mitarbeiter).
- Bei Unwetterwarnungen sollte ebenfalls ein festgelegter Mitarbeiterkreis informiert werden, um ergänzende Sicherheitsmaßnahmen einleiten zu können.
- In der jetzigen Situation sollte prinzipiell ein Krisenstab eingerichtet sein, der schnelle und abgestimmte Entscheidungen treffen kann, flexibel erreichbar ist und regelmäßig kommuniziert, um auf die volatile Situation schnell und sicher reagieren zu können.
IT-Sicherheit
Während der COVID-19-Pandemie ist das Funktionieren der Informations- und Kommunikationstechnologie wichtiger denn je. Auch die Sicherheit der IT-Systeme inklusive dem Schutz vor Cyber-Angriffen sollte in die Überprüfung einbezogen werden. Sicherheitskopien für den Notfall sollten jetzt nicht auf dem Betriebsgelände, sondern in gesicherten Bereichen außerhalb gelagert werden.
Wiederinbetriebnahme/Hochfahren von Anlagen
In Abhängigkeit von der Prozesstechnik können besondere Maßnahmen bei der Wiederinbetriebnahme oder beim Hochfahren von Anlagen erforderlich sein. Grundsätzlich sind die für den Start-, Hoch- oder Anfahrprozess spezifischen Parameter sowie spezielle Arbeitsanweisungen beziehungsweise Herstellervorgaben zu beachten.
Nachfolgend sind einige wichtige Maßnahmen – ohne Anspruch auf Vollständigkeit – aufgeführt:
- Die Wirksamkeit von Sicherheits- und Schutzeinrichtungen sollten vollumfänglich geprüft werden.
- Sind erforderliche Schmiermittel oder sonstige Betriebsstoffe in ausreichender Menge vorhanden?
- Spezifische Anfahrprozesse sollten besonders beachtet werden. Bei der Verarbeitung von entzündbaren Produkten kann es erforderlich sein, dass ein Anfahren nur in einer inerten Atmosphäre (zum Beispiel Stickstoff) erfolgen darf.
- Bei nicht technisch überwachten Anlagen ist eine intensive Prüfung vor Wiederinbetriebnahme durchzuführen. Für die Abarbeitung sollte eine Checkliste vorgehalten werden.
Checkliste hier als pdf zum Download.
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