Kredit/Finanzierung

Vertrauensvolle Basis in der Krise

Versicherungen für M&A-Transaktionen können in unruhigen Zeiten das entscheidende Plus an Sicherheit bieten

Absicherungen von M&A-Deals durch sogenannte Warranty & Indemnity (W&I) Versicherungen gewinnen zunehmend jenseits der großen Transaktionen an Bedeutung, die grenzüberschreitend (cross-border) oder durch Finanzinvestoren (PE-Fonds) auf der Verkäuferseite getrieben sind. Insbesondere das zuletzt stark durch die Verkäuferseite dominierte Transaktionsklima hat zu einer weiteren Verbreitung in Deutschland geführt. Auch im Mittelstand ist die Lösung angekommen, begünstigt durch reduzierte Prämiensätze beziehungsweise Mindestprämien und vereinfachte Prozesse. Neue Anbieter auf der Versichererseite richten ihren Fokus auf Deals im kleineren zweistelligen Millionenbereich – ein Volumen, das für einige der etablierten Player nur in Ausnahmefällen attraktiv ist. Aber welchen Mehrwert kann die Versicherung in Krisenzeiten bieten?

 

Interessenlage der Beteiligten

Zunächst ist es wichtig, sich die Interessen der am Deal Beteiligten zu vergegenwärtigen:

Der Verkäufer möchte eine möglichst geringe vertragliche Haftung nach Vollzug der Transaktion eingehen, dabei aber Einschnitte beim Kaufpreis möglichst vermeiden.

Der Käufer dagegen will den Zuschlag für den möglichst niedrigen Kaufpreis erhalten und, sollte sich herausstellen, dass ein Garantiebruchschaden eingetreten ist, diesen Schaden vollständig ersetzt bekommen.

Nicht zuletzt gilt es, auch die Interessen des Managements der zu verkaufenden Gesellschaft zu berücksichtigen: Gerade in Fällen, bei denen von angestellten Managern, die keine eigenen Gesellschafteranteile halten, die Abgabe von Garantieerklärungen verlangt wird, liegt deren Interesse darin, ihr eigenes Haftungspotential weitestgehend zu reduzieren.

 

Grundmechanismus der Deckung

W&I-Versicherungen werden regelmäßig auf der Käuferseite eingesetzt, um die verkäuferseitige vertragliche Haftung für die im Unternehmenskaufvertrag (SPA) abgegebenen Garantien – insofern sie sich auf unbekannte Risiken und nicht bereits identifizierte schadenträchtige Sachverhalte beziehen – zu ergänzen oder sogar zu ersetzen. Somit kann der Käufer im Schadenfall, wenn sich eine oder mehrere Garantieerklärungen als tatsächlich fehlerhaft herausstellen, den daraus entstandenen finanziellen Schaden jenseits des vereinbarten Selbstbehalts direkt beim Versicherer geltend machen und ersetzt bekommen.

 

Anforderungen des Versicherers

Da der Versicherer regelmäßig nur für unbekannte Schäden eintreten muss, wird vorausgesetzt, dass bei der Durchführung der Transaktion, insbesondere rund um die Verhandlung des SPA (inkl. Offenlegungsprozess) die notwendige und in Anbetracht der Größe und Komplexität der Transaktion angemessene Sorgfalt demonstriert wird. Dazu gehört unter anderem:


Datenraum

Dem Käufer müssen alle für die Bewertung der im SPA vereinbarten Garantien wesentlichen Informationen und Daten in einem Datenraum (heute regelmäßig virtuell) zur Verfügung gestellt werden. Der Versicherer erwartet Zugang, wobei er per Geheimhaltungsvereinbarung (NDA) gebunden wird.


Due Diligence

Due Diligence-Versicherer geben meist nur für Garantieerklärungen Deckungsschutz, für die eine sogenannte Due Diligence vorliegt, also die intensive Prüfung durch geeignete professionelle Berater, die in ihren Berichten eine Bewertung der gesichteten Informationen vornehmen.


Haftung des Verkäufers

Auch wenn je nach Branche zunehmend auf verkäuferseitige Haftung im SPA verzichtet wird (vor allem bei reinen Immobilientransaktionen), hat der Versicherer ein Interesse daran, dass die materielle Haftung für die abgegebenen Garantien nicht ausschließlich bei ihm liegen soll. Damit soll sichergestellt werden, dass der Kaufvertrag ausgewogen und nicht zu einseitig zugunsten des Käufers – und damit zulasten des Versicherers – ausfällt.


Besonderheiten bei „Distressed Deals“

Trotz des derzeit kaum genau abschätzbaren Ausmaßes der Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Wirtschaft muss mit einer stark zunehmenden Zahl von Unternehmen, die in Schieflage geraten, gerechnet werden. Dabei wird die Bandbreite sicher von der bloßen Verfehlung der selbstgesteckten Jahresziele über die Verletzung von Darlehensrückzahlungspflichten bis hin zur Insolvenz reichen.

Für Käufer solcher Unternehmen (oder Assets) bedeutet das ein erhöhtes Risiko, im Schadenfall auf einen entsprechenden Ersatz verzichten zu müssen. So sind bei Zielgesellschaften (Targets), die in Schieflage oder gar insolvent sind, an der Verhandlung des SPAs auf Verkäuferseite regelmäßig neben den oder sogar anstelle der Gesellschafter(n) die finanzierenden Banken beziehungsweise Insolvenzverwalter beteiligt, die oft ein noch stärker ausgeprägtes Interesse an der Vermeidung eigener Haftung haben. Hier ist in vielen Fällen die W&I-Versicherung der einzige Ausweg für den Käufer, um trotz fehlender Bereitschaft des Verkäufers, nennenswerte vertragliche Rückgriffsmöglichkeiten zu gewähren, eine Absicherung zu erhalten. Ohne eine Übertragung des materiellen Risikos auf einen Versicherer wären solche Verkäufer kaum in der Lage, entsprechende Garantieerklärungen überhaupt abzugeben.

Sollte es dem Käufer dennoch gelingen, im SPA die aus seiner Sicht notwendigen Garantien und eine entsprechende vertragliche Haftung dafür zu vereinbaren, bleibt das Ausfallrisiko für den Fall, dass sich die Lage des Verkäufers weiter verschlechtert und die Ansprüche, soweit sie nicht durch einen Kaufpreiseinbehalt gedeckt sind, nicht mehr durchsetzbar sind. Ein solcher Einbehalt steht allerdings den Interessen des Verkäufers entgegen, und gerade bei sehr niedrigen Kaufpreisen, die eine hohe Schuldenlast des Targets reflektieren, scheidet er regelmäßig aus.

Das gleiche gilt sinngemäß bei der Absicherung von bereits identifizierten Risiken, für die der Käufer im Normalfall eine Freistellungserklärung des Verkäufers einholen würde. Auch hier kann, entsprechende gutachterliche Bewertung des zugrundeliegenden Risikos vorausgesetzt, eine Versicherungslösung einspringen, denn auch für bekannte Risiken, wie zum Beispiel Steuern, bestehende Rechtsstreitigkeiten und so weiter gibt es Kapazitäten am Versicherungsmarkt.

 

Fazit

Auch und gerade in unruhigen Zeiten, geprägt von Verunsicherung und wirtschaftlichen Einschnitten, ist es sinnvoll, sich bei laufenden oder anstehenden M&A-Transaktionen konkret mit der Frage zu befassen, ob und wie eine Versicherungslösung eingesetzt werden kann, um einen Mehrwert in dieser Situation zu schaffen. Dieser kann in der Schaffung zusätzlicher Sicherheit für den Käufer liegen, in manchen Fällen aber auch dazu beitragen, echte Hindernisse für eine Übernahme zu beseitigen.

Für weitergehende Fragen rund um Versicherungen für M&A-Transaktionen sprechen Sie uns gerne an.

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