Übergreifend

Speerwerferin Christina Obergföll gibt Tipps

Ehemalige Weltmeisterin spricht im Interview über Ernährung, Bewegung und Stressmanagement

Wie können Sie Ihre Erfahrungen aus dem Leistungssport mit Ihrem Studium des Gesundheitsmanagements verbinden?

Es gibt viele Berührungspunkte zwischen beiden, vor allem bei den Themen Ernährung, Bewegung und Stressmanagement.

Das Mentaltraining hat mir im Leistungssport sehr geholfen, und ich wende die erlernten Techniken heute auch im Berufsleben an. Die mentale Stärke ist das A und O, um als Sportlerin oder Sportler eine Medaille zu gewinnen und auch um im Beruf erfolgreich zu sein. Jeder kann sich Techniken aneignen, zum Beispiel die Progressive Muskelentspannung. Zudem sollte man im Alltag immer wieder Erholungsphasen einbauen.

 

Als Leistungssportlerin waren Sie viel unterwegs. Da brauchten Sie schon mal kleine Snacks, die Sie ohne große Vorbereitung zu sich nehmen konnten. Welche Nahrungsmittel eignen sich besonders gut, auch für die kleine Pause auf der Arbeit?

Generell sollte der Griff zum Schokoriegel möglichst vermieden werden. Denn Süßigkeiten sind nicht gut für den Blutzuckerspiegel. Dieser steigt sehr schnell an und sinkt dann rasant wieder. Der Körper fällt in ein Loch, und die nächste Heißhungerattacke folgt. Mein Tipp: Essen Sie lieber eine Handvoll Nüsse. Sie helfen, den Blutzuckerspiegel konstant zu halten, und liefern dem Körper Eiweiß, Fett, Kohlenhydrate und Ballaststoffe. Zudem enthalten sie Mineralstoffe und Vitamine. Wer noch mehr zu sich nehmen möchte, kann auch auf Gemüsesticks zurückgreifen oder einen Apfel essen.

Als Mittagessen im Büro eignet sich eine „Bowl“. Diese kann am Vorabend vorbereitet werden und besteht aus einer Schüssel mit beispielsweise Gemüse, Kohlenhydraten – wie Hirse, Couscous oder anderen Getreidearten –, Hülsenfrüchten und wer mag auch mit Fleisch. Wichtig ist: Greifen Sie nicht auf industriell bearbeitete Lebensmittel zurück! Die richtige Wahl der Produkte ist entscheidet, und der Nährwert sollte möglichst hoch sein.

 

Was halten Sie von Nahrungsergänzungsmitteln? Ist die Einnahme für normale Personen notwendig?

Personen, die keinen erhöhten Energiebedarf haben, brauchen keine Nahrungsergänzungsmittel. Nur wer an seine Belastungsgrenze geht, wer zum Beispiel vermehrt Sport treibt oder Muskeln aufbauen möchte, der sollte zusätzliche Produkte einnehmen. In der Regel reicht es, auf eine gesunde Ernährung zu achten. Wenn Eiweiße, Ballaststoffe, Fett und Vollkornprodukte ausreichend durch geeignete Lebensmittel aufgenommen werden, dann entsteht auch kein Mangel.

In Winter haben besonders viele Europäerinnen und Europäer einen Vitamin-D-Mangel. Dieser kann durch Untersuchung des Blutes festgestellt werden. Dann ist es ratsam, entsprechende Präparate einzunehmen. Außerdem kann man Zink zuführen. Aber prinzipiell benötigt ein gesunder Mensch keine Zusatzstoffe. Als natürliches Produkt, um das Immunsystem zu stärken, empfehle ich Ingwer. Dieser lässt sich super mit anderen Lebensmitteln kombinieren.

Wenn ich früher als Leistungssportlerin unterwegs war und es am Flughafen oder Bahnhof nur ungesunde Lebensmittel zu kaufen gab, dann habe ich auf einen Eiweißshake zurückgegriffen. Allerdings benötigen Menschen, die im Büro arbeiten, diese Nahrungsergänzung nicht. Bevor Sie also zu etwas Ungesundem wie einem Croissant oder Laugenteilchen greifen, nehmen Sie lieber einen Shake.

 

Was kann man tun, wenn man den ganzen Tag am Schreibtisch sitzt? Welche praktischen Übungen gibt es?

Entscheidend ist der Wechsel zwischen Sitzen und Aufstehen. Entwickeln Sie eine Routine und bewegen Sie sich regelmäßig. Bauen Sie vielleicht auch eine kleine Übung in den Büroablauf ein, zum Beispiel den Zehenspitzen-Stand oder das „Apfel pflücken“ (siehe Kasten). Dabei wird die Venenpumpe aktiviert, denn zu viel sitzen schädigt die Venenklappen. Außerdem werden die Wirbelsäule und die Schultern mobilisiert.

Oder Sie machen in der Mittagspause einen Spaziergang. Trotzdem sollten Sie sich auch Zeit nehmen für eine Mahlzeit. Wie bei allem: Bauen Sie eine gewisse Routine in die Mittagspause ein. Bei einem kleinen Spaziergang geht es vor allem darum, frische Luft aufzunehmen und Körper und Geist zu entspannen. Das Handy sollten Sie nicht in die Hand nehmen, denn es geht darum, abzuschalten und runterzukommen.

 

Während Ihrer Zeit als Leistungssportlerin mussten Sie auch mit Niederlagen umgehen. Welche Tipps können Sie da geben?

Niederlagen sind immer schmerzlich, und niemand möchte damit konfrontiert werden. Aber ich habe gelernt, sie zu akzeptieren. Zunächst ist man niedergeschlagen und sehr enttäuscht. Diese Rückschläge sollte man erst einmal sacken lassen und dann analysieren, was falsch gelaufen ist. Ich habe mir bei Niederlagen immer überlegt, ob es noch das Richtige für mich ist, den Leistungssport als Speerwerferin zu betreiben. Das hat mir geholfen, noch stärker zurückzukommen. Ich habe dann mithilfe eines Mentaltrainers meine Ziele neu gebündelt. Für mich war das eine wichtige Erfahrung. Das Resultat war mein größter Erfolg, der Gewinn der Goldmedaille bei den Weltmeisterschaften 2013 in Moskau. Somit sehe ich Niederlagen auch als Chance, um Dinge zu hinterfragen und sich weiterzuentwickeln.

 

Zehenspitzen-Stand mit „Apfel pflücken“

Stellen Sie die Füße parallel auf den Boden. Heben Sie die beiden Fersen vom Fußboden ab und stellen Sie sich auf die Zehenspitzen. Diese Übung können Sie einige Male wiederholen. Damit auch die Arme bewegt werden, ergänzen Sie das Training um das „Apfel pflücken“. Sobald Sie auf den Zehenspitzen stehen, greifen Sie abwechselnd mit den Händen nach oben und stellen sich vor, Sie möchten über Ihrem Kopf Äpfel pflücken. Nach dem Absenken der Zehenspitzen können Sie die Äpfel auch noch in einem Korb auf dem Boden ablegen. Gehen Sie dazu in die Hocke.

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