Haftpflicht/Rechtsschutz
Der Haftpflichtversicherungsmarkt verhärtet sich
HAFTPFLICHTVERSICHERUNG
Marktsituation
Die bereits Ende 2019 erkennbare Tendenz zur Verhärtung des gewerblichen und industriellen Haftpflichtversicherungsmarktes hat sich im Jahr 2020 fortgesetzt und sogar verschärft. Dabei manifestiert sich diese Verhärtung insbesondere bei den Konzernkunden sowie vermehrt bei den Industriekunden. Für kleinere Firmen und Gewerbekunden ist die Situation (noch) entspannter. Im Industriegeschäft klagen die Versicherer über eine deutliche Verschlechterung der Schaden-Kosten-Quote in der Haftpflichtsparte. Sie soll für 2019 oftmals klar oberhalb von 100 Prozent liegen.
Verursacht wird dies durch drei Entwicklungen:
- Die Versicherer müssen erhebliche Summen für Altschäden nachreservieren.
- Schadenmeldungen nehmen zu – sowohl hinsichtlich der Stückzahl als auch der Schadenhöhe.
- Die Kosten bei der Schadenabwehr steigen an.
Von Großschäden besonders betroffen sind weiterhin die Kfz-Zuliefererindustrie (insbesondere durch viele Rückrufaktionen der Hersteller), aber auch die chemische Industrie (durch große Sach-, Personen- und Umweltschäden) und die Pharmaindustrie (durch Sammelklagen in den USA). International tätige Unternehmen sehen zudem einen deutlichen Anstieg der Schadenkosten bei Schäden in den USA. Befeuert wird diese Entwicklung noch durch eine zunehmend verbraucherfreundliche Rechtsprechung (Musterfeststellungsklagen etc.).
Die Folgen der COVID-19-Pandemie haben die Wirtschaft massiv getroffen. Die teilweise dramatischen Umsatzeinbußen führen zu niedrigeren Versicherungsprämien, insbesondere bei umsatzbasierten Verträgen. Kunden, die stark vom Umsatzrückgang betroffen sind, sollten mit ihrem Versicherer gemeinsam einen für alle Seiten gangbaren Weg finden, sei es durch Veränderung der geltenden Zahlungsmodalitäten, spätestens aber durch Prämienanpassung bei den anstehenden Vertragsverlängerungen. Als Ihr Versicherungsmakler unterstützen wir Sie gerne dabei.
Markttrends und Perspektiven
Kapazitäten und Prämien
Infolge der gesunkenen Profitabilität verknappen die Versicherer die Kapazitäten, also die maximalen Deckungssummen, die sie zeichnen. Das trifft vor allem die besonders schadenträchtigen Industrien. In diesem Bereich sehen wir zusätzlich – besonders bei schlecht verlaufenden Risiken – Forderungen der Versicherer nach Prämiensteigerungen sowie nach einer höheren Eigentragung der Kunden. Bei als kritisch eingestuften Risiken flacht der (Preis-)Wettbewerb unter den Versicherern merklich ab.
Entsprechend ihrer jeweiligen Strategie werden viele Versicherer die aus ihrer Sicht kritischen Industriezweige nur noch sehr selektiv zeichnen, gegebenenfalls mit deutlich niedrigeren Kapazitäten. Im Gegensatz zu früheren Sanierungsbestrebungen setzen die Versicherer die internen Vorgaben derzeit offenbar konsequent um, der Verhandlungsspielraum scheint sehr begrenzt. Versicherer sind oft eher bereit, einen Vertrag aufzugeben, als von den eigenen Vorgaben abzuweichen.
Einfache Verlängerungen von Haftpflichtversicherungsverträgen wird es seltener geben, die Underwriter der Versicherer sind gehalten, sich die Risiken einzeln anzuschauen und die Risikoqualität ihres Portfolios in Bezug auf Limit, Eigentragung sowie Prämie zu verbessern.
Versicherer sprechen hierbei vom „Rate Change“, der positiv zu sein hat. Beeinflusst wird diese Größe – je nach Berechnungsweise des Versicherers – von verschiedenen Faktoren wie Limit, Selbstbehalt, Schadenverlauf, Umsatz des Kunden. Diese Faktoren müssen im Rahmen einer Vertragsverlängerung so angepasst werden, dass unter dem Strich das Kalkulationstool des Versicherers einen positiven „Rate Change“ auswirft.Diese Berechnungsgröße gewinnt immer mehr an Bedeutung.
Bei Verträgen mit starkem USA-Bezug ist erkennbar, dass dort die Sanierungsbestrebungen noch konsequenter umgesetzt werden. In den USA sind die Versicherer momentan kaum verhandlungsbereit. Ihre Sanierungsforderungen werden entweder umgesetzt oder sie geben die Risiken beziehungsweise die Verträge auf, ganz egal, wie die einzelnen Risiken verlaufen sind. Die Prämienkalkulation und Kapazitätsknappheit führt in einigen Fällen zu der absurden Situation, dass in einem gelayerten Programm, also einem Grundvertrag mit mehreren Exzedentenverträgen, höhere Layer teurer sind als darunterliegende Layer mit demselben Limit.
Verstärkt wird diese Entwicklung durch den Rückgang potenzieller Führungsversicherer im Industriebereich. Durch die Fusionen von Ace und Chubb sowie AXA und XL ist die Anzahl der Versicherer, die große internationale Programme führen können, deutlich kleiner geworden. Die Ankündigungen der Versicherer, die Kapazitäten nach dem Zusammenschluss auf demselben Niveau zu belassen, wurden schnell über Bord geworfen. Beim Neugeschäft beobachten die Versicherer sehr konsequent die Exponierung in den als kritisch eingeschätzten Industrien und fahren die Kapazitäten zurück. Ergebnis: Der kundenorientierte Wettbewerb ist eingeschränkt.
Wichtig ist, dass Kunde und Versicherer frühzeitig in einen Risikodialog eintreten – moderiert vom Makler – und so zu einer gemeinsamen Bewertung der Risiken mit entsprechenden, für beide Parteien akzeptablen, Lösungsstrategien im Einzelfall kommen. Die Transparenz der Risiken, gegebenenfalls unterstützt durch die Prüfung der Risiken durch spezialisierte Risikoingenieure der Versicherer, hat dabei eine positive Wirkung.
Gewerbe- und Mittelstandskunden ohne besonders exponierte Risiken sind von dieser Entwicklung noch nicht so deutlich betroffen. Hier ist der Versicherungsmarkt weiterhin eher kundenfreundlich.
Bedingungen und Ausschlüsse
Die Bedingungswerke der Versicherer sind inhaltlich überwiegend auf einem guten Niveau. Dieses Niveau konnten wir von der deas durch Verhandlungen, die teilweise zu eigenständigen Wordings geführt haben, nochmals deutlich verbessern. Die Flexibilität der Versicherer zu noch mehr Bedingungserweiterungen wird allerdings geringer. Insbesondere bei reinen (Produkt-)Vermögensschäden besteht zwar noch Potenzial für Erweiterungen (bis hin zu einer offenen Vermögensschaden-deckung), hier sind die Versicherer trotzdem zurückhaltend, besonders wenn es um die Vertragserfüllung des Versicherungsnehmers gegenüber seinem Kunden geht. In unseren deas-Vertragswerken, die wir mit großen Teilen der Versicherungswirtschaft für die industrielle Haftpflichtversicherung verhandelt haben, sind derartige deckungserweiternde Bausteine jedoch weiterhin unverändert aktivierbar.
Bei Risiken, die die Versicherer als kritisch einstufen, ist mit dem Versuch der Einführung neuer Ausschlüsse zu rechnen. Für Pharmarisiken fordern die Versicherer inzwischen einen Opioid-Ausschluss, zumindest für die USA.
Ein Pandemie-Ausschluss als Folge der COVID-19-Krise wird bei einigen Versicherern intern diskutiert, insbesondere für stark gefährdete Industrien (Reiseveranstalter, Fluglinien, Infrastruktur etc.). Es gibt erste Bestrebungen auch im Londoner Markt, entsprechende Ausschlüsse einzuführen. Im deutschen Haftpflichtmarkt sind aber derzeit keine konkreten Ansätze hierzu erkennbar. In manchen Ländern wird auch diskutiert, entsprechende Vorsorge über Pools oder Fonds einzurichten – gegebenenfalls staatlich geregelt, da die private Versicherungswirtschaft hierdurch überfordert werden kann.
Ebenfalls intensiv diskutieren die Versicherer das Thema „Silent Cyber“, also Haftpflichtversicherungen, die eine Deckung für Cyber-Komponenten beinhalten, weil entsprechende Ausschlüsse in den Policen fehlen. Viele Versicherer prüfen derzeit, wie sich dieses Risiko für sie darstellt (Risk-Exposure), auch gegliedert nach einzelnen Branchen. Ein entsprechender Ausschluss („Nullstellung“) wird seitens der Versicherer diskutiert, scheitert aber derzeit am Widerstand der Industrie und dem fehlenden Konzept der Versicherer zur Schließung der dann neu entstehenden Lücke. Auch in solchen Fällen sollten die Unternehmen möglichst früh für Risikotransparenz sorgen und das Gespräch zum Renewal frühzeitig mit Makler und Versicherer suchen.
„Dauerbrenner“ wie die Digitalisierung und die Zunahme der IT-basierten Produktionsprozesse mit daraus erwachsenden neuen Risikoprofilen und Haftungsszenarien (Stichworte „autonomes Fahren“, „Fernwartung von Maschinen“ usw.) werden uns auch in der nahen Zukunft weiter beschäftigen. Hier könnte es notwendig sein, die Versicherungsbedingungen anzupassen oder gegebenenfalls Klarstellungen aufzunehmen, da sich bei vielen Unternehmen das Risiko immer weiter von einem mechanischen zu einem IT-Risiko verschiebt und die derzeit üblichen Klauseln für zukünftige Entwicklungen möglicherweise nicht mehr passen werden. Die optimale Kombination von IT-Bausteinen, Nutzungsausfalldeckungen und sonstigen Spezialbausteinen wird dabei immer wichtiger.
Internationale Themen und Compliance
Das Thema Sanktionen bleibt weiterhin schwierig. Von einer Entspannung im Hinblick auf die besonders kritischen Länder wie Iran, Syrien und Nordkorea ist derzeit nicht auszugehen. Hier ist mit Bewegung frühestens nach den US-Wahlen im Herbst zu rechnen, abhängig natürlich von deren Ausgang. Hinzu kommen neue Entwicklungen wie der Handelskonflikt zwischen den USA und China. Dort können bei einer weiteren Eskalation auch neue Sanktionen drohen. Rechtswirksame Klauseln, die die Deckung möglichst wenig einschränken, sind in dem komplizierten Geflecht internationaler Regelungen schwer zu formulieren. Hier bieten wir über unsere vereinbarten deas-Vertragswerke die vertragliche Sicherheit, die die Kunden fordern.
Spannend bleibt (zumindest bis Oktober) die Frage, wie es in Sachen Brexit weitergeht. Besonders im Rahmen von internationalen Versicherungsprogrammen, bei denen die Muttergesellschaft außerhalb des Vereinigten Königreichs (UK) sitzt, ist die Versicherung lokaler UK-Risiken kritisch. Derzeit ist man von einem geregelten Austritt weit entfernt, und der „No-Deal“-Brexit droht. So stellt sich die Frage, ob das derzeit gültige Temporary Permissions Regime (TPR) verlängert beziehungsweise durch eine andere, endgültige Regelung ersetzt wird. Das TPR erlaubt es den Versicherern außerhalb des UK, ihre Geschäfte bis Ende 2020 auch weiterhin im Vereinigten Königreich zu betreiben (sogenanntes Passporting). In letzter Konsequenz könnte der Wegfall dieser Freizügigkeit auch ein Verbot von Non-Admitted-Deckungen für Risiken in UK bedeuten.
GRUPPENUNFALLVERSICHERUNG
Marktsituation
Die Absicherung der eigenen Belegschaft durch eine Gruppenunfallversicherung gehört weiterhin zum Standard einer guten und fürsorglichen Unternehmensabsicherung. Employee-Benefits-Programme sind ein entscheidender Bestandteil der unternehmenseigenen Angebote, auch bekannt als „Cafeteria-Modelle“.
Der Markt der Gruppenunfallversicherungen ist unverändert schadengetrieben. Durch den Rückzug einiger Versicherer aus diesem Markt ist die Preispolitik der verbleibenden Anbieter gleichbleibend restriktiv, die Profitabilität der Sparte ist allerdings auch kritisch. Die Versicherungsunternehmen haben die bestehenden (ohnehin schon breiten) Deckungskonzepte um immer neue Positionen erweitert, was zu einer Erhöhung der Schadenquoten geführt hat. Eine genaue und aktuelle Prüfung von Ausschlussfristen und Schadenreserven ist daher unabdingbar, um eine angemessene Prämie sicherzustellen.
Ungeachtet dieser Marktsituation kann die deas Ihnen weiterhin hochwertige Deckungskonzepte, auch in Form internationaler Versicherungsprogramme, anbieten. Die deas-Rahmenabkommen, die wir mit Versicherern ausgehandelt haben, zeichnen sich durch weitgehende Bedingungen und optimierte Prämien aus.
Markttrend
2020 ist das Prämienniveau stabil. Für 2021 sind keine gravierenden Änderungen abzusehen. Sanierungsforderungen der Versicherer sind lediglich bei schadenbelasteten Verträgen zu erwarten.
RECHTSSCHUTZVERSICHERUNG
Marktsituation
Die Kosten der Rechtsverfolgung beziehungsweise Rechtsverteidigung sind gestiegen, darum stagnieren die Prämien für Rechtsschutzversicherungen in Deutschland, teilweise steigen sie sogar an.
Insbesondere im Bereich des Indus-trie-Straf-Rechtsschutzes ist es in den vergangenen Jahren zu einigen Großschäden gekommen, die den Markt insgesamt belasten. Hier gibt es nur wenige Anbieter, die einerseits über das ausreichende Know-how sowie die notwendige Flexibilität in der Schadenregulierung verfügen und andererseits guten Versicherungsschutz zu angemessenen Prämien bieten. Zusätzlich sollten sie in der Lage sein, die Kunden weltweit mit Versicherungsschutz zu begleiten.
Insgesamt ist der Markt aber durchaus auch zu Neuerungen fähig. Die Versicherer überarbeiten und verbessern bestehende Bedingungswerke (zum Beispiel im Straf-Rechtsschutz oder Manager-Rechtsschutz), und sie besetzen vorhandene Nischen immer wieder mit innovativen und interessanten Konzepten, zum Beispiel mit dem D&O-Deckungsklage-Rechtsschutz oder der Veto-Police zum Straf-Rechtsschutz.
Markttrend
2020 war der Markt stabil. Auch für 2021 ist nicht mit gravierenden Änderungen zu rechnen. Durch gezielte Rahmenabkommen mit ausgesuchten Versicherern haben wir für unsere Kunden sehr weitgehende Bedingungen zu sehr guten Prämien verhandelt. Unsere digitale Ausschreibungsplattform garantiert die von den Kunden gewünschte Transparenz.
Abzuwarten bleibt, ob sich die COVID-19-Krise negativ auf die Schadenentwicklung in der Rechtsschutzsparte auswirkt. In verschiedenen versicherten Bereichen (Arbeits-Rechtsschutz, Straf- und Ordnungswidrigkeiten-Rechtsschutz etc.) ist ein COVID-19-bedingter Anstieg für die Gesamtschadenentwicklung relevanter Verfahren möglich. Dies wird sich jedoch erst mit einer gewissen zeitlichen Verzögerung zeigen. Von einem Einfluss schon auf das Jahr 2021 ist daher nicht auszugehen.