Cyber/D&O

„Der Markt nimmt eine besorgniserregende Entwicklung“

Massive Veränderungen bei D&O-Versicherungen

Wenn Manager/-innen oder Geschäftsführungsorgane ihre Pflichten verletzen und so dem Unternehmen ein Schaden entsteht, haften die Entscheider mit ihrem Privatvermögen. Die D&O-Versicherung (D&O – Directors and Officers) ist ein maßgeschneidertes Produkt, um die persönliche Haftung des Managers/der Managerin gegen etwaige Inanspruchnahmen und Schadensersatzforderungen abzusichern. Aber dieser Markt nimmt gerade eine besorgniserregende Entwicklung: Die Prämien steigen teilweise massiv an, die Versicherungssummen werden gekürzt, die Bedingungswerke verschärft. Sandra Dammalacks beobachtet als Spartenleiterin für D&O-Versicherungen diese Trends und erklärt sie im Interview.

 

Frau Dammalacks, weiche und harte Marktphasen wechseln sich immer wieder ab, das wird niemanden überraschen. Was ist für Sie das besondere an der derzeitigen Marktverhärtung in der D&O-Versicherung?

Sandra Dammalacks: Die Massivität, mit der sich der Markt dreht. Insgesamt beobachten wir den Markt seit 30 Jahren, eine Marktverhärtung in dieser Dimension haben wir noch nicht erlebt. Ähnlich war es allenfalls zuletzt nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 in New York– also vor 19 Jahren.   

 

Wie wirkt sich das aus?

Sandra Dammalacks: Auf unterschiedliche Art und Weise. Die Versicherungssummen werden rückgezeichnet. Versicherer, die bisher mit Kapazitäten bis zu 25 Millionen Euro in Verträgen engagiert waren, zeichnen sich auf Summen von zehn bis 15 Millionen Euro zurück. Neugeschäft wird in einem erheblich geringeren Umfang gezeichnet als früher, und es wird versucht, höhere Prämien durchzusetzen. Dabei begegnen uns Forderungen, die bis zu 400 Prozent über der Vorjahresprämie liegen! Außerdem werden die Bedingungswerke verschärft. Einige Versicherer schränken die Bedingungen ein, z. B. durch neue Ausschlüsse. Andere Risikoträger fragen gezielt nach der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens durch die COVID-19-Pandemie, um die aktuelle Entwicklung des Unternehmens abschätzen zu können. Sehen sie ein erhöhtes Insolvenzrisiko, werden die Vertragsbedingungen mit einem Insolvenzausschluss versehen. Dies gilt es möglichst zu verhindern, aber bei besonders schlechten Kennzahlen und bestimmten Branchen finden sich kaum noch Alternativen.

 

Apropos COVID-19: Liegt hier die Ursache für diesen Marktumschwung?

Sandra Dammalacks: Die COVID-19-Pandemie hat die Marktverhärtung deutlich verschärft und beschleunigt, aber die Entwicklung hat schon eher begonnen. Der Versicherungsmarkt in Großbritannien und den USA ist dem unsrigen in vielen Entwicklungen gut 18 Monate voraus, so auch mit der „Sanierung“ in der D&O-Sparte. Sie kündigte sich dort schon mit Prämiensteigerungen vor Corona an. Versicherer, die in der Managerhaftpflicht stark engagiert sind, berichten über Schaden-Kosten-Quoten von über 100 Prozent. Damit sind diese Versicherungen nicht mehr auskömmlich. In Deutschland waren in der Vergangenheit zudem die Prämien durch Überangebote unter Druck geraten. Die COVID-19-Pandemie, der damit verbundene Lockdown und die weltweite Rezession führen nun zu der Befürchtung, dass die Schadenzahlen erheblich ansteigen, beispielsweise durch eine starke Zunahme der Insolvenzen. Das ist eines der größten Schadenrisiken in der D&O-Versicherung.

 

Trifft das die gesamte Wirtschaft gleichermaßen oder gibt es Unterschiede?

Sandra Dammalacks: Spürbar wird die Marktverhärtung sicher letztlich für alle Kunden, die D&O-Versicherungen für ihr Management kaufen. Aber es gibt auch Unterschiede. Besonders Konzerne und große Mittelständler mit komplexen Verträgen sind betroffen. Einige Branchen werden besonders kritisch unter die Lupe genommen, beispielsweise die der Kfz-Zulieferer, die schon vor COVID-19 in eine Strukturkrise geraten sind. Und wie gesagt: Es werden gezielte „Corona-Fragen“ gestellt, um die wirtschaftliche und finanzielle Entwicklung eines Unternehmens abschätzen zu können.

 

Sie zeichnen ein düsteres Bild. Gibt es da überhaupt keine hellen Flecken?

Sandra Dammalacks: Für Gewerbe und kleinere Mittelständler sowie Unternehmen, die in der Vergangenheit nur eine sehr geringe Schadenbelastung hatten, sind noch keine flächendeckenden Prämiensteigerungen zu erwarten. Aber auf Dauer wird das nicht so bleiben.

 

Als Versicherungsmakler vertreten Sie, ihre Kolleginnen und Kollegen, die Interessen der Kunden. Wie reagieren Sie auf diese Bestrebungen in der Versicherungswirtschaft?

Sandra Dammalacks: Als auf Dauer mandatierter Interessenvertreter bringen wir unsere Kunden auf Augenhöhe mit den Versicherern. Damit stellen wir zuerst einmal eine Transparenz her und können mit unserem Fachwissen dem Kunden verdeutlichen, wie die Veränderungen wirklich zustande kommen, welche gerechtfertigt sind und welche nicht. In der Versicherungs- und Risikoberatung geht es dann darum, den Kunden gemäß seiner spezifischen Risikosituation zu beraten. Beim Einkauf hilft uns unsere starke Einkaufsposition als Teil des größten deutschen Maklers für Unternehmen und Institutionen. In der Vertragsbetreuung sorgen wir schließlich dafür, dass die Versicherer ihren Pflichten stets vertragsgerecht und kundenorientiert nachkommen. Gerade in dieser Zeit bewährt sich das Know-how des Maklers für den Kunden.

 

Gibt es in dieser harten Marktphase zusätzliche Lösungsansätze und Produkte, die Sie Managern/Managerinnen zur Absicherung Ihrer Risiken anbieten können?

Sandra Dammalacks: Ja, die gibt es. Wenn aufgrund der Marktentwicklung die Unternehmensdeckungen stark eingeschränkt werden, sei es durch Reduzierung des Versicherungsschutzes oder durch Bedingungseinschränkungen, kann es für betroffene Manager/-innen ratsam sein, für sich privat eine Personal-D&O-Versicherung abzuschließen. Die Personal-D&O-Versicherung wurde ursprünglich als sogenannte „Schubladenpolice“ konzipiert, insbesondere für die Manager/-innen, deren Unternehmen aufgrund schlechter Bilanzkennzahlen oder auf ausdrücklichen Wunsch der Gesellschafter keine ausreichende Unternehmens-D&O vorhalten konnten. Die Personal-D&O-Versicherung hält nicht nur eine eigenständige D&O-Deckungsstrecke vor, sondern beinhaltet, anders als die klassische Selbstbehaltsversicherung für Vorstände, auch alle weiteren typischen Zusatzbausteine einer eigenständigen D&O.

Wir thematisieren die Personal-D&O aktuell offensiv bei allen Kunden, insbesondere wenn diese zu spezifischen Risikobranchen gehören oder wir erwarten müssen, dass die Limite der Unternehmens-D&O stark eingeschränkt werden und daher im Schadenfall schnell ausgeschöpft werden könnten.

Diese Police ist sowohl für Vorstände als auch für GmbH-Geschäftsführer erhältlich und ist in der aktuellen Zeit ein wichtiges Produkt, um das persönliches Risiko umfassender abzusichern, insbesondere wenn die Unternehmens D&O zu niedrige Versicherungssummen vorhält oder einen Insolvenzausschluss enthält. Prämienseitig ist die Personal-D&O aufgrund des breiteren Deckungsumfangs immer etwas teurer als die klassischen Selbstbehalts-Policen für Vorstände. Wir halten spezielle Konzepte von ausgesuchten Versicherern vor, um interessierten und betroffenen Managern/Managerinnen die zusätzliche Absicherung zu bieten.

Weiterhin empfehlen wir die Versicherungssumme der Unternehmens-Straf-Rechtschutzversicherung zu überprüfen und zur persönlichen Absicherung der Manager/-innen zusätzlich eine Absicherung über eine Top-Manager-Rechtsschutzversicherung oder die Vermögensschaden-Rechtsschutzversicherung vorzunehmen.

Gerne stehen wir Ihnen bei Interesse für eine individuelle Beratung zur Verfügung.

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