Kredit/Finanzierung
Kreditversicherung: Alternative Ausfallsicherung gesucht
„Euler Hermes kappt Versicherungsschutz“, „Paukenschlag von Euler Hermes“ – mit diesen und ähnlichen Schlagzeilen ist die Ankündigung des Warenkreditversicherers Euler Hermes begleitet worden, den Kunden, deren Bonität dem Risikoträger als zu schwach erscheint, zum Jahresende den Versicherungsschutz zu kündigen. Was heißt das und welche Alternativen gibt es? Kreditexperte Matthias Bühler gibt Antworten auf die wesentlichen Fragen.
Was hat Euler Hermes genau angekündigt?
Der Warenkreditversicherer will den Versicherungsschutz bei allen Kunden, deren Bonität ihm zu schwach erscheint, zum 31. Dezember 2020 „abändern“. Im Klartext heißt das, dass für diese Kunden dann der Versicherungsschutz endet. Betroffen davon sind nicht nur Kunden mit einer wirklich schlechten Bonität (Risikograde 8 und 9), sondern auch Unternehmen der Risikoklassen 7 und 6 – also bis in das mittlere Bonitätssegment. Bis Ende September sollen die Gespräche mit den betroffenen Kunden geführt werden.
Was bedeutet das?
Das kann erhebliche Auswirkungen haben: Unternehmen, denen die Kreditlimite gestrichen wurden, laufen Gefahr, nicht mehr beliefert zu werden, weil die Lieferanten keine Absicherung mehr gegen Zahlungsausfälle des Abnehmers haben. Damit kommt eine Spirale nach unten in Gang. Auch Factoring ist bedroht, weil die Factoring-Gesellschaften in der Regel eine Warenkreditversicherung verlangen, bevor sie Forderungen ankaufen oder finanzieren. Unternehmen, denen Kreditlimite gekündigt werden, müssen die Risiken teilweise oder ganz selbst schultern, sie tragen also zusätzlich zur Selbstbeteiligung im Einzelfall noch ein hohes Eigenrisiko auf das Gesamtportfolio.
Was steht bei dem Vorstoß von Euler Hermes im Hintergrund?
Im Hintergrund steht letztlich die COVID-19-Krise. Um die internationalen Lieferketten zu sichern, hatte der Bund im April eine Garantie in Höhe von 30 Milliarden Euro für Entschädigungszahlungen der Warenkreditversicherer übernommen. Das heißt, bei Schäden oberhalb eines bestimmten Sockelbetrages springt der Staat ein. Diese Garantie läuft Ende des Jahres aus. Im Gegenzug hatten sich die Kreditversicherer verpflichtet, rund zwei Drittel ihrer Prämien an den Staat abzuführen.
Gleichzeitig hat der Staat aber auch die Insolvenzantragspflicht bis Ende des Jahres ausgesetzt. Im Endeffekt bedeutet das für die Kreditversicherer, dass sie einen Großteil Ihrer Einnahmen abgeführt haben, aber der Staat bisher nur für wenige Schäden leisten musste. Nun fürchtet Euler Hermes als Marktführer, dass viele dieser Schäden doch in seinen Büchern landen, wenn die Insolvenzantragspflicht wieder gilt und zahlreiche Unternehmen ab Januar 2020 Insolvenz anmelden müssen. Die Ankündigung ist also auch eine Drohkulisse, um bei den anstehenden Verhandlungen mit der Bundesregierung über die Weiterführung des Schutzschirms bessere Bedingungen für die Kreditversicherer zu erwirken.
Gibt es angesichts dieser Situation Alternativen zur klassischen Warenkreditversicherung?
Durchaus. Eine Möglichkeit ist die Einzelabsicherung singulärer Projekte oder Risiken. Eine andere ist die Excess-of-Loss oder XL-Versicherung, die einem gänzlich anderen Modell folgt als die klassische Warenkreditversicherung. Sie nimmt nicht die einzelnen Forderungen in den Blick, sondern hat den Bilanzschutz des Versicherungsnehmers bei Forderungsausfällen zum Ziel, die über das übliche Maß hinausgehen.
Wie ist eine Excess-of-Loss-Versicherung aufgebaut?
Die Excess-of-Loss-Versicherung (XL-Deckung) ist als so genannte First-Loss-Deckung konzipiert. Den First Loss – auch Entschädigungsvorrisiko genannt – trägt das Unternehmen selbst, unabhängig davon, ob die Summe für einen Großschaden oder für mehrere Kleinschäden ausgegeben wird. Der Versicherer deckt den Part, der über den First Loss hinausgeht, bis zur maximalen Höchstentschädigungssumme, auf die sich Versicherungsnehmer und Versicherer für das laufende Versicherungsjahr beziehungsweise für die vereinbarte Laufzeit vertraglich geeinigt haben. Bei einer XL-Deckung ist es nicht der Versicherer, der über die Höhe der Kreditversicherungslimite entscheidet, sondern der Versicherungsnehmer selbst. Die Limite richten sich nach vorab definierten internen Kreditvergaberichtlinien, die zum Beispiel auf Erfahrungswerten zur „Zahlungsmoral“ von Kunden des Versicherungsnehmers basieren. Nachdem der Versicherer die ausgewählten Richtlinien geprüft hat, gehen sie als wesentlicher Bestandteil in den XL-Versicherungsvertrag ein. Im Mittelpunkt steht dabei also die Qualität des Debitorenmanagements des Versicherungsnehmers. Die Versicherung lässt sich so gezielt auf das hausinterne Debitorenmanagement zuschneiden, ohne durch externe Versichererobliegenheiten wie zum Beispiel ein maximales Zahlungsziel oder eine maximale Überfälligkeitsfrist eingeschränkt zu werden.
Was ist zu tun?
Wenn Alternativen zur klassischen Warenkreditversicherung interessant werden, stehen wir als Spezialisten für diese Modelle unseren Kunden bei Beratung, Einkauf und Vertragsbetreuung zur Seite. Wir bringen das Know-how ein, um entscheiden zu können, in welcher Situation welches Instrument am besten geeignet ist und unterstützen in den bei der Umsetzung notwendigen Prozessen – auch beim Aufbau beziehungsweise der Strukturierung des Debitorenmanagements. Als Teil des größten deutschen Versicherungsmaklers für Unternehmen und Institutionen haben wir eine Einkaufsposition, die unseren Kunden Zugang zu Lösungen gibt, die über dem Marktstandard liegen. In der Vertragsbetreuung bringen wir unsere Kunden auf Augenhöhe mit den Versicherern und sorgen dafür, dass diese ihre Pflichten vertragsgerecht, kundenorientiert und zügig erfüllen.