Die deutschen Problemzonen

Um das Hochwasserrisiko richtig einschätzen zu können, gibt es einen umfangreichen Datensatz – das ZÜRS-System

„Insgesamt rechnet die neuere Forschung also damit, dass unter dem Klimawandel in weiten Teilen Mitteleuropas die Wetterereignisse zunehmen, die Flussausuferung und Schäden produzieren können.“ So steht es in einem Bericht des Rückversicherers Munich Re, der 2018 angesichts des fünften Jahrestags des „Jahrhunderthochwassers“ von 2013 geschrieben worden ist. Laut Angaben des Münchner Rückversicherers sind Überschwemmungen nach Stürmen die Naturkatastrophe mit den höchsten Schäden. Seit 1980 waren rund 40 Prozent aller Naturkatastrophen, die Schäden nach sich zogen, Hochwasser – mit insgesamt über einer Billion Dollar Schäden. Der Klimawandel verschärft die Situation.

Was tun? Flussanrainer wissen in der Regel um ihre schwer kontrollierbare Nachbarschaft und treffen zumeist entsprechende Vorsorge, indem sie baulichen Hochwasserschutz schaffen und – soweit möglich – das verbleibende Risiko auf eine Versicherung übertragen.

Soweit möglich? Die Versicherungswirtschaft verfügt über ein Zonierungssystem für Überschwemmung, Rückstau und Starkregen (ZÜRS Geo), nach dem Versicherungsorte bewertet werden. Das soll dazu beitragen, die Risiken für Regionen besser einschätzen zu können. Vier Zonen gibt es darin, 21 Millionen Adressen, 225.000 Kilometer Flussläufe und 593 Millionen Höhenpunkte sind laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) eingespeist.

 

Hochwasserrisiken für 21 Millionen Adressen

Zone 1 umfasst alle Gebäude, die nach gegenwärtiger Datenlage nicht vom Hochwasser größerer Gewässer betroffen sind. Das sind immerhin 20,1 Millionen Adressen oder 92,3 Prozent aller erfassten Daten.

In Gefährdungsklasse (oder Zone) 2 befinden sich alle Adressen, in denen es statistisch gesehen seltener als einmal in 100 Jahren ein Hochwasser gibt. Immerhin 1,3 Millionen Adressen liegen in dieser Zone, das sind 6,1 Prozent des Gesamtadressbestands.

Deutlich gefährdeter sind schon die Gebäude in der Hochwassergefahrenzone 3, die statistisch einmal in 10 bis 100 Jahren von einem Hochwasser heimgesucht wird. Aber hier gibt es auch deutlich weniger Betroffene: 239.000 Adressen (1,1 Prozent) summieren sich laut GDV in dieser Zone. 

In der vollkommen „roten Zone“, Gefährdungsklasse 4, ist der Keller am besten vollverfliest und die Waschmaschine steht auf einem hohen Podest. 104.000 Adressen (0,5 Prozent) liegen in einem so eingestuften Gebiet, in dem es mindestens einmal in zehn Jahren zu einem Hochwasser kommt.

 

Manchmal ist es schwer, eine Deckung zu erlangen

Die Versicherer beachten diese Zonierung bei ihren Deckungszusagen. Peter Zimmermann, Sachversicherungsexperte der deas aus Koblenz: „Gebäude, die in den Zonen 3 oder 4 liegen, sind nur mit sehr hohen Risikozuschlägen einzudecken, sofern überhaupt dafür eine Versicherung gegen Überschwemmung zu erlangen ist.“ Das sei schwer, aber nicht ganz unmöglich. „Es gibt auch hier noch Unterschiede von Versicherer zu Versicherer“, weiß er zu berichten. Der Zugriff auf die ZÜRS-Datenbank ist lizenziert, selbstverständlich kann aber Peter Zimmermann Einblick nehmen, um die Kunden entsprechend zu beraten.

Das System wird laut GDV ständig verfeinert, was letztlich dazu führe, dass das Risiko immer exakter beschrieben werden könne. Noch 2002 seien mehr als zehn Prozent aller Gebäude der höchsten Gefahrenklasse 4 zugeordnet worden, mittlerweile sei es nur noch ein Prozent.

Auch für die private Nutzung gibt es ein entsprechendes Portal – Naturgefahren-Check. Es trifft zwar keine Aussagen zur Zonierung, gibt aber immerhin Auskunft über das Hochwasserrisiko für das eigene Haus.

 

Den Schaden mindern

Unabhängig von der Zonierung muss ein Versicherungsnehmer natürlich seinen Teil dafür tun, einen drohenden Schaden abzuwenden oder zumindest zu verringern. Zu dieser Schadenminderungspflicht kann es gehören, gefährdete Dinge vom Versicherungsort zu entfernen oder zumindest in Sicherheit zu bringen. „Des Weiteren sollte geprüft werden, ob gegebenenfalls tiefliegende Gebäudeöffnungen verschlossen werden können oder der Versicherungsort anderweitig vor den Wassermassen geschützt werden kann“, fasst Peter Zimmermann zusammen. Bisweilen verlangen auch Behörden für bestimmte Standorte schon Präventionsmaßnahmen wie Rückstauklappen. Einzelne Häuser können dazu durch erhöht liegende Eingänge, wasserdichte Kellerbauweisen oder wasserresistente Außenhäute geschützt werden.

Hier finden Sie weitere Tipps: So schützen Sie Ihr Haus gegen Hochwasser.

 

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