Haftpflicht/Rechtsschutz
Enges Korsett für Entsorger
Seit dem 1. Juni 2017 gelten verschärfte Vorschriften für die Entsorgungswirtschaft. Die am 07.12.2016 veröffentlichten Novellen der Entsorgungsfachbetriebeverordnung (EfbV) sowie der Abfallbeauftragtenverordnung (AbfBeauftrV) sind in Kraft (Bundesgesetzblatt 2016, Teil 1 Nr. 58; Art. 1 und 2: Zweite Verordnung zur Fortentwicklung der abfallrechtlichen Überwachung). Allein Paragraf 28 der EfbV gilt erst per Juni 2018.
Die novellierte EfbV stellt höhere Anforderungen an die Entsorgungsfachbetriebe und die Sachverständigen als bisher und räumt zudem den Behörden mehr Überwachungsspielraum ein.
In der Branche stößt der Vorstoß des Gesetzgebers auf Kritik, bedeutet er doch einen erheblichen Mehraufwand für die Entsorgungsfachbetriebe, der ihre Kostensituation weiter verschärfen dürfte. Besonders prekär: Unternehmen müssen jetzt selbst betriebsinterne Informationen offenlegen, die eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind.
Natürlich ist die wohlgemeinte Absicht, mit den Neuregelungen eine Qualitätssteigerung und damit eine Stärkung der Entsorgungsfachbetriebe zu erreichen, grundsätzlich zu begrüßen. Fakt ist aber auch, dass die Fortentwicklung der Vorschriften zunehmend vom ursprünglichen Konzept der freiwilligen Selbstverpflichtung abweicht.
Dieses Konzept, das darauf setzt, dass Unternehmen ihre Betriebe freiwillig durch unabhängige Sachverständige überprüfen lassen, hat sich in der Entsorgungsbranche seit mehr als zwanzig Jahren bewährt und kann durchaus als Erfolgsgeschichte angesehen werden. Schließlich haben Entsorgungsunternehmen schon aus reinem Eigennutz Interesse daran, qualitativ hochwertige und verlässliche Dienstleistungen anzubieten, um im stetig härter werdenden Wettbewerb bestehen zu können.
Mit dem Eingriff in die bewährte Praxis reguliert der Gesetzgeber nun sowohl die Art als auch die Intervalle der Überprüfungen und beschränkt zudem die freie Wahl der Sachverständigen.
Die Neuregelungen im Überblick
Im Folgenden haben wir die wichtigsten Änderungen der Efb-Novelle für Sie zusammengefasst.
Ausbau der behördlichen Überwachung
Um einen Überwachungsvertrag abschließen oder einer Entsorgergemeinschaft (ESG) beitreten zu können, müssen Unternehmen jetzt vorab eine Prüfung durchlaufen und bestehen (§ 11 Abs. 5, § 15 Abs. 1 EfbV).
Neu ist auch, dass die Behörde, die für die Anerkennung von ESG zuständig ist, nun berechtigt ist, an Sitzungen der ESG-Überwachungsausschüsse teilzunehmen. Sitzungstermine und -orte sind der zuständigen Behörde daher auf Verlangen mitzuteilen. Ein Unterlassen wird als Ordnungswidrigkeit geahndet. Dies ist ebenso der Fall, wenn die Termine nicht korrekt oder unvollständig übermittelt werden oder wenn die Mitteilung nicht rechtzeitig erfolgt (§ 14 Abs. 6, § 29 Abs. 1 Nr. 1 EfbV).
Vor-Ort-Termine
Entsorgungsunternehmen müssen ihre Betriebe mindestens einmal im Jahr auditieren lassen. Ab sofort ist dabei an jedem zu zertifizierenden Standort mindestens alle drei Jahre ein weiterer Sachverständiger hinzuzuziehen. Ausnahmen von dieser Regelung sind nur möglich, wenn der begutachtende (einzelne) Sachverständige eine Zulassung als Umweltgutachter nach dem Umweltauditgesetz besitzt (§ 21 Abs. 3 EfbV).
Hat die Überprüfung der Betriebe Jahr für Jahr ein und derselbe Sachverständige vorgenommen, hat jetzt spätestens nach fünf Jahren ein Wechsel stattzufinden (§ 22 Abs. 5 EfbV). Des Weiteren müssen die technischen Überwachungsorganisationen (TÜO) und die ESG künftig ein System für zusätzliche, nicht angekündigte (!) Audits entwickeln und dieses auch umsetzen (§ 22 Abs. 2 EfbV).
Weitergabe von Berichten
Für den Überwachungsbericht gibt die Novelle Mindestinhalte vor (vgl. § 23 EfbV sowie Anlage 2). Unverzüglich nach dem Audit ist der Bericht von der TÜO oder der ESG an die Zustimmungs- bzw. Anerkennungsbehörde zu übermitteln. Geschieht dies nicht rechtzeitig oder unterbleibt es vollständig, liegt eine Ordnungswidrigkeit vor. Dasselbe gilt, wenn der Überwachungsbericht bzw. das Zertifikat nicht korrekt bzw. nicht wie vorgeschrieben erstellt wurde oder unvollständig ist (§ 29 Abs. 2 Nr. 1 EfbV).
Per Juni 2018 wird ein bundesweit einheitliches, von den Ländern zu führendes Entsorgungsfachbetrieberegister eingeführt, in das die Auditierungszertifikate einzustellen sind. Das Register ist kontinuierlich aktuell zu halten und es muss der Öffentlichkeit zugänglich sein (§ 28 EfbV, per 01.06.2018 in Kraft; siehe auch Eingangspassus).
Erstbehandlungsanlage gemäß Elektrogesetz
Mit der neu gefassten EfbV werden bei Zertifizierungen von Erstbehandlungsanlagen (Efb-Audits nach § 21 Abs. 4 ElektroG) zusätzliche Anforderungen an Sachverständige gestellt (§ 19 Abs. 3a EfbV).
Bedeutung der Novellen für den Versicherungsschutz
Haftpflichtversicherung
Die EfbV regelt die Mindestanforderungen an den Haftpflichtversicherungsschutz (§ 6 EfbV). Betriebe, die Abfälle lagern, behandeln, verwerten oder beseitigen, mit ihnen handeln oder sie makeln, müssen eine Betriebshaftpflichtversicherung vorhalten. Beinhaltet die Tätigkeit auch den Besitz von Abfällen (gemeint ist die tatsächliche Sachherrschaft, vgl. § 3 Abs. 9 Kreislaufwirtschaftsgesetz), sind zusätzlich eine Umwelthaftpflicht- und eine Umweltschadensversicherung erforderlich (§ 6 Satz 3 Nr. 1 EfbV). Betriebe, die Abfälle sammeln oder befördern, benötigen darüber hinaus eine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung (§ 6 Satz 3 Nr. 2 EfbV).
Seit Einführung des Umweltschadensgesetzes (USchadG) im Jahr 2007 ist die öffentlich-rechtliche (Mit-)Verantwortung der Industrie für die Umwelt gesetzlich verankert. Seither sind Unternehmen angehalten, neben der Betriebs- auch eine Umwelthaftpflichtversicherung vorzuhalten. Die neu gefasste EfbV geht noch einen Schritt weiter, indem sie nun auch den Abschluss einer Umweltschadensversicherung für Entsorger zur Pflicht macht (Ihr Kundenberater gibt Tipps zu günstigen Angeboten).
Die Umweltschadensversicherung deckt Risiken für Unternehmen ab, die sich aus dem USchadG ergeben. Die Umwelthaftpflichtversicherung indes ist zuständig, wenn bei Sachschäden oder gesundheitlichen Beeinträchtigungen, die auf einen vom Versicherungsnehmer verursachten Umweltschaden zurückzuführen sind, Schadenersatzansprüche von Geschädigten auszugleichen sind.
Rechtsschutzversicherung
Ergänzend sollten Betreiber von Entsorgungsanlagen über eine Strafrechtsschutzversicherung nachdenken. Eine solche ist allein schon deswegen zu empfehlen, weil bereits eine geringfügige Verletzung der Vorschriften – beispielsweise eine fehlerhafte Übermittlung von Zertifikaten oder Überwachungsberichten (s. o.) – eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Eine vorhandene Strafrechtsschutzversicherung sichert das Kostenrisiko, wenn das Unternehmen eine Rechtsverteidigung in einem Straf- oder Ordnungswidrigkeitenverfahren in Anspruch nehmen muss.
Zusätzlich kann eine Firmen-Rechtsschutzversicherung sinnvoll sein. Wichtig ist, dass in der Police der Verwaltungsrechtsschutz enthalten ist. Dieser bietet einem Unternehmen Rückendeckung, wenn es sich vor dem Verwaltungsgericht gegen ein – nicht unrealistisches – Szenario wie etwa den Entzug der Betriebsgenehmigung durch die zuständige Behörde zur Wehr setzen muss.
Gern beraten Sie unsere Kundenbetreuer und Spezialisten für Entsorgungsfachbetriebe, wenn es um die zielgerichtete Ausgestaltung Ihres Versicherungsschutzes geht.