Transport/Verkehrshaftung

Grenzen der Haftung für Abschlepper

Gut erklärt: Wissenswertes rund um die Hakenlastversicherung

Ob ein liegengebliebenes Fahrzeug abzuschleppen, ein Auto von der Werkstatt zur Lackiererei zu transportieren, ein Falschparker aus dem Verkehr zu ziehen ist: Im Berge- und Abschleppbusiness muss es oft schnell gehen. Meist genügt ein kurzer Anruf und schon ist der Fahrer unterwegs. Doch wo gehobelt wird, fallen bekanntlich auch Späne. Gut, dass man für Schadenfälle eine Hakenlastversicherung abgeschlossen hat ...

Ein Beispiel: Wegen eines Fahrerfehlers hat die hochwertige, 1,6 Tonnen schwere Limousine auf der Ladefläche des Abschleppfahrzeugs ernsthaft Schaden genommen. Der Abschleppunternehmer bleibt entspannt und schickt die Schadenmeldung mit allen erforderlichen Unterlagen rasch zum Versicherer. Wenige Tage später kommt auch schon das Go: Der Schaden in Höhe von 80.000 Euro wird anerkannt; eine Zahlung über 16.000 Euro wird angewiesen.

Moment mal! Nur 16.000 Euro!? Und wer zahlt die 64.000 Euro Differenz? In solch einer Situation die Fassung zu verlieren, ist zwar nachvollziehbar, aber unnötig, denn hier geht es, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so aussieht, mit rechten Dingen zu.

Wir klären auf

Die Hakenlastversicherung gehört zu den Verkehrshaftungsversicherungen und deckt die Haftung des Frachtführers u. a. aus seinen Tätigkeiten Bergen, Abschleppen und Transportieren von Fahrzeugen ab.

Die Haftungsgrundlagen sind im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt, u. a. in § 425 (Obhutshaftung). Der Gesetzgeber legt seine schützende Hand auf den Frachtführer und befreit ihn von der unbeschränkten Haftung. So besagt z. B. § 431 HGB, dass die Ersatzpflicht des Frachtführers bei Beschädigung oder Verlust des transportierten Guts auf „8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts“ der beförderten Ware begrenzt ist (Rechnungseinheit = Sonderziehungsrecht des Internationalen Währungsfonds). Den relevanten Gesetzestext im Wortlaut können Sie im untenstehenden Kasten nachlesen.

Aus dem HGB

§ 425: Haftung für Güter- und Verspätungsschäden, Schadensteilung

(1) Der Frachtführer haftet für den Schaden, der durch Verlust oder Beschädigung des Gutes in der Zeit von der Übernahme zur Beförderung bis zur Ablieferung oder durch Überschreitung der Lieferfrist entsteht.

§ 431: Haftungshöchstbetrag

(1) Die nach den §§ 429 und 430 zu leistende Entschädigung wegen Verlust oder Beschädigung ist auf einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts des Gutes begrenzt.

8,33 Rechnungseinheiten entsprechen ungefähr einem Wert von 10 Euro (tagesaktuelle Euro-Gegenwerte des Sonderziehungsrechts im Web auf tis-gdv.de), heißt: Der Frachtführer haftet lediglich für eine Summe, die sich aus der Rechnung „10 Euro (plus/minus) mal Fahrzeuggewicht in Kilogramm“ ergibt.

Bei einem 1,6 Tonnen schweren Fahrzeug wie in unserem Beispiel beträgt der Höchsthaftungsbetrag (gesetzliche Haftungsgrenze) also rund 16.000 Euro.

Passiver Rechtsschutz inbegriffen

Die Ersatzleistung der Hakenlastversicherung in unserem Beispiel ist damit gesetzeskonform. Der Kunde des Abschleppunternehmens – im Beispiel der Limousinenbesitzer – dürfte mit diesem Teilbetrag freilich nicht zufrieden sein und klagt den Rest womöglich ein. Auch für solche Fälle steht der Hakenlastversicherer dem Abschleppunternehmer zur Seite, indem er in dessen Namen die unberechtigten Forderungen abwehrt (passive Rechtsschutzversicherung).

Mit einer Hakenlastversicherung sind Berge- und Abschleppunternehmen also juristisch immer auf der sicheren Seite.

In Einzelfällen kann es aus betriebswirtschaftlichen Gründen aber dennoch sinnvoll sein, Schäden in voller Höhe zu erstatten, z. B., wenn es sich um einen wichtigen und/oder einen langjährigen Kunden handelt.

Sondervereinbarungen optional

Bei einigen Hakenlastpolicen sind daher Individualvereinbarungen möglich, etwa die Erweiterung der summenmäßigen Haftungsbegrenzung auf 40 Rechnungseinheiten pro Kilogramm Rohgewicht oder die vollständige Aushebelung derselben bis zu einer individuell festgelegten Obergrenze. Ob von solchen Optionen Gebrauch gemacht wird, ist jedoch stets genau abzuwägen, da hohe Schadenzahlungen sich unterm Strich immer auf die Versicherungsprämie auswirken.

Unser Tipp: Um die eigene Hakenlastpolice nicht über die Regelhaftung hinaus zu belasten, empfiehlt sich der zusätzliche Abschluss einer Transportversicherung. Als Allgefahrenversicherung deckt die Police den exakten Wert des Fahrzeugs ab.

In unserem Beispielfall würde der Transportversicherer die kompletten 80.000 Euro erstatten und dann den Hakenlastversicherer für die Regelhaftungssumme in Regress nehmen.

Weitere Fragen zur Hakenlastversicherung und zur Transportversicherung beantworten unsere Expertinnen und

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