Übergreifend

Grippeimpfung mit Aha-Effekt

Arbeitsmediziner Professor Dr. Ralf Ohlendorf gibt Tipps für einen gesunden Herbst und Winter

Viele Unternehmen bieten ihren Mitarbeitenden die Möglichkeit, sich am Arbeitsplatz gegen Grippe (Influenza) impfen zu lassen. Das Angebot wird in diesem Jahr stärker genutzt als in den Jahren zuvor, ein Grund ist die COVID-19-Pandemie. Die Menschen wollen sich selbst, ihre Umgebung und das Gesundheitssystem zusätzlich zu der Gefahr durch COVID-19 nicht auch noch mit einer Verbreitung der Influenza belasten. Arbeitsmediziner Professor Dr. Ralf Ohlendorf begrüßt diese Haltung sehr. Grippeschutzimpfung und AHA-Regeln – das sei das Rezept, um gut durch die kalte Jahreszeit zu kommen, sagt der Facharzt.
 

AHA-Regel plus L

AHA – das steht für Abstand halten, Hygiene beachten und Alltagsmaske, also die Mund-Nase-Bedeckung, tragen. Damit sind die drei grundlegenden Regeln zum Schutz vor COVID-19 beschrieben, die nebenbei auch vor der Grippe schützen. Professor Ralf Ohlendorf fügt AHA noch ein „L“ hinzu. „Ein L für Lüften. Und zwar Stoßlüften, nicht Dauerlüften.“ Ausreichende und richtige Lüftung verbessere das Raumklima und nehme den Viren Chancen, sich in den Aerosolen, kleinsten Tröpfchen in der Luft, im Raum auszubreiten.
 

Was vor COVID-19 schützt, schützt auch vor anderen Erregern

Über diese Tröpfchen breitet sich das Grippevirus genauso aus wie SARS-CoV-2, das COVID-19 auslösende Virus. „Alles, was vor COVID-19 schützt, schützt auch vor der Influenza“, fasst der Arbeitsmediziner zusammen. In den vergangenen Monaten habe es zum Beispiel weniger Erkältungskrankheiten oder Durchfallerkrankungen gegeben. Auch hier hätten sich Abstand, häufigeres Händewaschen, Desinfektion von Flächen und die Alltagsmaske positiv ausgewirkt. „Das hat den Krankenstand im Vergleich zu den Vorjahren um einen Prozentpunkt verringert. Das hört sich zwar nach wenig an, ist aber eine immense Größenordnung.“  
 

Hohe Impfdichte durchbricht die Grippeinfektionskette

Gleichwohl komme der Grippeschutzimpfung eine entscheidende Bedeutung zu, betont der Mediziner. Denn das Influenzavirus wird besonders häufig durch Kinder und Jugendliche übertragen, die hingegen bei COVID-19 offensichtlich nicht so eine wichtige Rolle als Überträger spielen. Die Kinder bringen den Grippeerreger aus der Schule oder der Kita mit, die Eltern werden krank und fallen als Arbeitskräfte in den Unternehmen aus, die Großeltern und Menschen mit Vorerkrankungen tragen zudem ein erhöhtes Risiko, an den Folgen einer Grippeerkrankung zu sterben. Eine hohe Impfdichte durchbreche diese Kette, verringere damit das Risiko für jeden Einzelnen, die Familie und das Gesundheitssystem insgesamt. Prof. Ohlendorf: „Es hat also Sinn, sich impfen zu lassen, selbst wenn sich in diesem Jahr die Influenza infolge der Schutzmaßnahmen gegen Corona weniger stark ausbreiten sollte als in den Jahren zuvor.“

Arbeitsmediziner Professor Ohlendorf weiß sich mit den Experten der Ständigen Impfkommission (Stiko) einig. Sie empfiehlt zwar, vorrangig Risikogruppen wie Menschen jenseits der 60, chronisch Kranke, Bewohner von Alten- und Pflegeheimen, Schwangere, medizinisches Personal und Berufsgruppen mit viel Publikumskontakt zu impfen, es spreche aber auch nichts gegen eine Impfung weiterer Personen. Professor Dr. Ralf Ohlendorf: „Wenn mehr als ein Drittel der Gesamtbevölkerung geimpft ist, haben wir ein relativ gutes Schutzniveau. Es reicht da nicht aus, nur die Risikogruppen zu betrachten.“ Die Impfung werde in der Regel daher von allen Krankenkassen bezahlt.
 

Kreativ mit Corona klarkommen

Für den Arbeitsmediziner zeigt der hohe Zuspruch bei den Impfterminen, die seine Kolleginnen, Kollegen und er landauf, landab anbieten, auch, dass die Menschen einen konstruktiven Umgang mit der Bedrohung durch Viruskrankheiten gefunden haben. Einer Bedrohung, die durch COVID-19 erheblich angewachsen ist. Ralf Ohlendorf geht davon aus, dass sie uns noch länger begleitet, weil die Impfstoffentwicklung erst in den Anfängen steckt. „Wir müssen lernen, kreativ und konstruktiv mit COVID-19 zu leben. Es gibt eine Menge Möglichkeiten dazu.“ Nicht zuletzt die Unternehmen zeigten diese auf: Homeoffice, COVID-19-sichere Arbeitsplätze, Videokonferenzen statt persönlichen Meetings etc. „An viele Maßnahmen haben wir uns längst gewöhnt.“

 

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