Cyber/D&O

Market Report 2020: Financial Lines und Cyberversicherung

D&O-Versicherung – Markt verhärtet sich weiter

Marktsituation

Die Verhärtung des Marktes für Directors & Officers Liability (D&O-Versicherungen), die sich bereits zum Jahreswechsel 2019/2020 gezeigt hat, setzt sich weiter fort.  

Bei Konzernrisiken, aber auch bei komplexen mittelständischen Verträgen zeichnen sich drei Tendenzen ab: Prämienerhöhungen, Reduzierungen von Versicherungssummenkapazitäten und Einschränkungen von Bedingungen. Im Bereich der kleinen und mittelständischen Kunden stagnieren die Prämien.

Versicherer, die in der Vergangenheit besonders stark als Grundversicherer und bei internationalen Programmen engagiert waren, verkünden, dass sie auch im Bereich der D&O-Versicherungen im Jahr 2019 Schaden-Kosten-Quoten von über 100 Prozent zu verzeichnen haben. Aus diesen Gründen wollen sie ihr Portfolio konsequent überprüfen und „sanieren“.

Dieser für den deutschen Markt neue Trend hat sich in anderen Märkten wie im Vereinigten Königreich (UK), den USA oder auch Australien bereits im vergangenen Jahr durch erhebliche Prämiensteigerungen und restriktive Underwritingvorgaben angekündigt.

American Depositary Receipt

Ein American Depositary Receipt (ADR) oder American Depositary Share ist ein auf Dollar lautender, von US-amerikanischen Depotbanken in den USA ausgegebener Hinterlegungsschein, der eine bestimmte Anzahl hinterlegter Aktien eines ausländischen Unternehmens verkörpert; er kann an Stelle der Aktien am US-Kapitalmarkt gehandelt werden. In den USA hat die neue Rechtsprechung die Haftung für gesponserte ADR-Programme von Unternehmen verschärft, das führt zu potenziell höheren Schadenersatzansprüchen.

Die höheren Schadenskosten werden die D&O-Programme von den Konzernen, die in den USA mit ADR-Programmen engagiert sind beziehungsweise an der US-Börse gelistet sind, negativ beeinflussen. Die Versicherer werden ihr zukünftiges Engagement an derartigen Versicherungsprogrammen genau prüfen und sich zurückzeichnen.

Litigation Funds

Auch auf dem UK-Markt schreiben die D&O-Versicherer rote Zahlen. Hinzu kommen die sogenannten „Litigation Funds“, die seit ihrer Etablierung in Ländern wie den USA, Australien und UK auch bei Ansprüchen gegen Unternehmen und deren Management zu einer Kostenexplosion geführt haben. In Australien kam es zusätzlich im vergangenen Jahr zu einer Haftungsverschärfung für australische Manager. Im Ergebnis haben Versicherer wie die AGCS die Zeichnung von lokalen D&O-Versicherungen in Australien eingestellt. Lediglich im Rahmen von Internationalen Programmen werden australische Lokalpolicen für Tochtergesellschaften vor Ort noch ausgestellt.

Auch in Europa befürchten führende D&O-Versicherer seit der Einführung der „class actions“ und Musterfeststellungsklagen eine Kostenexplosion.

Zudem erwartet man in den einzelnen Ländern verstärkt „Climate Litigations“ gegen Konzerne, also Gerichtsverfahren im Zusammenhang mit Umweltrisiken der Konzerne und deren mögliche Auswirkungen auf das Klima. Eine Zunahme von derartigen Klagen könnte letztendlich auch zu einer vermehrten Anzahl von D&O-Schäden führen.

COVID-19

Die durch COVID-19 rasant voranschreitende Wirtschaftskrise wird sich auf alle Branchen weltweit auswirken und sowohl den Mittelstand als auch Konzerne treffen. Das kann in den nächsten Monaten erheblichen Einfluss auf die weitere Entwicklung der D&O-Märkte haben.

 

Markttrend 2020

Insolvenzen

Bedingt durch die COVID-19-Krise ist mit einer erheblichen Zunahme von Unternehmensinsolvenzen zu rechnen. Auch wenn die Politik finanzielle Unterstützung zusagt, ist zu befürchten, dass wirtschaftlich bereits angeschlagene Unternehmen diese Phase nicht überstehen. In diesem Zusammenhang könnten Manager persönlich Vorwürfen wegen Insolvenzverschleppung oder auch Ansprüchen der Gesellschafter wegen nicht ausreichend ausgestalteter Krisenpläne, Abhängigkeiten von Lieferketten usw. ausgesetzt sein. Die D&O-Policen würden im Fall der persönlichen Inanspruchnahme der Manager mindestens die Abwehrkosten für derartige Fälle tragen. Die D&O-Versicherer befürchten daher eine neue Welle von Schadenfällen.

Rückzeichnung der Limite

Versicherer, die in der Vergangenheit besonders stark und mit hohen Kapazitäten von bis zu 25 Millionen Euro an Grundverträgen engagiert waren, überprüfen bei anstehenden Renewals genau ihre Engagements an den Verträgen.

Bereits heute kündigen namhafte Risikoträger wie AGCS, Zurich, Axa XL und HDI die konsequente Rückzeichnung ihrer maximalen Kapazitäten auf 15 Millionen Euro beziehungsweise 10 Millionen Euro an.

Diese Rückzeichnung der Limite verursacht für die betroffenen Unternehmen erhebliche Probleme. Im schlimmsten Fall wird man gezwungen sein, ganze Programme zu beenden und die Nachmeldefristen auszulösen, um gleichzeitig neue Vorwärtsdeckungen aufzubauen. In solchen Fällen ist höchstes Handwerk bei der Ausgestaltung der Programme erforderlich und die intensive Beratung und Begleitung durch den Makler.

Ausschlüsse in den Verträgen

Es zeichnet sich weiterhin ab, dass sich auch der bislang äußerst kundenfreundliche Bedingungsmarkt in den nächsten Monaten und Jahren verändern wird. So haben wir erlebt, dass einzelne Versicherer versuchen, neue Ausschlüsse in die D&O-Policen aufzunehmen, zum Beispiel den Produkteausschluss bei produzierenden Unternehmen oder sogar einen Cyberausschluss bei negativer Bewertung des IT-Systems. Auch werden sich vermehrt Insolvenzausschlüsse in den Angeboten der Versicherer wiederfinden. Einzelne Versicherer haben zudem die Aufnahme eines „Corona-Ausschlusses“ avisiert.

Derartige Ausschlüsse wären für die betroffenen Manager der Unternehmen höchst problematisch.

Höhere Selbstbehalte

Weitere Überlegungen der Versicherer befassen sich damit, ihre Schadenbelastung zu minimieren. Das wollen sie erreichen, indem sie neue – höhere – Selbstbehalte beziehungsweise SIRs (Self Insured Retention) einführen, wie zum Beispiel für die in den Policen enthaltenen Unternehmens-Deckungen. Diese sichern im Schadenfall vor allem Abwehrkosten für die Unternehmen selbst ab. Im Unterschied dazu sehen die Versicherer voraussichtlich davon ab, höhere Selbstbehalte gegen die versicherten Personen einzuführen.

Vorstellbar sind zudem spezielle Fragebögen zum Thema COVID-19, um das jeweilige Risiko des Unternehmens besser bewerten zu können.

In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass durch die Neuregelung des German Coporate Governance Codex die bisher enthaltene Entsprechenserklärung zur Eigentragung eines gesetzlichen Selbstbehaltes für Aufsichtsräte entfallen wird. Aufsichtsräte werden also keinen gesetzlichen Selbstbehalt im Falle der persönlichen Inanspruchnahme mehr zu tragen haben. In der Folge könnte somit auch die D&O-Selbstbehaltsversicherung für den Aufsichtsrat entfallen.

Fazit: Der D&O-Markt wird sich in den nächsten Monaten und Jahren deutlich verändern: Kapazitäten werden reduziert. Für komplexe Risiken werden die Prämien steigen. Die Versicherer werden versuchen, die Deckungsinhalte einzuschränken.

Die Begleitung durch einen technisch versierten Versicherungsmakler mit Expertise ist in dieser Situation geboten.     

 

Cyberversicherung

Marktsituation

Wie das Handelsblatt kürzlich berichtet hat, nutzen Cyberkriminelle die COVID-19-Pandemie als den perfekten Köder für neue Cyberattacken und Ransomware. Sie verschicken E-Mails und präparieren Websites, die angeblich aktuelle Informationen zum Virus bieten, um Zugang zu Browsern und Passwörtern zu erhalten oder um Verschlüsselungstrojaner einzuschleusen. So sind beispielsweise Websites mit Landkarten online, über die man in Echtzeit die Virusausbreitung verfolgen kann. Klickt man die Karte an, wird im Hintergrund ein „Schnüffelprogramm“ heruntergeladen.

Derzeit erfolgen viele dieser Angriffe, so die Meinung der Sicherheitsexperten, noch in englischer Sprache. Es ist aber fest damit zu rechnen, dass entsprechende Spam-Attacken und bewusst verseuchte Websites auch auf Deutsch erscheinen werden.

Vielfaches Homeoffice erhöht das Risiko

Zudem erhöht derzeit das vermehrte Arbeiten im Homeoffice bedingt durch COVID-19 das Risiko erheblich. Verseuchte E-Mails sind das wichtigste Instrument der Cyberkriminellen, um in ein IT-System einzudringen. Daher ist ein besonders achtsamer Umgang mit E-Mails und Websites unbekannten Ursprungs zu empfehlen. Sitzt man zu Hause im Homeoffice und kann aufgrund der noch anhaltenden Schutzmaßnahmen das Haus nur wenig verlassen, ist mit einer verstärkten Internetaktivität und einhergehenden Unachtsamkeit der Mitarbeitenden zu rechnen. Eine regelmäßige Sensibilisierung und Schulung der Nutzer zum Schutz der Unternehmens-IT ist daher in der aktuellen Situation besonders geboten.

Die verstärkte Zunahme der Homeoffice-Arbeitsplätze kann übrigens – je nach Bedingungswerk des Versicherers – eine anzeigepflichtige Gefahrerhöhung darstellen, die dem Versicherer zu melden ist. Auch bei der Installation der Homeoffice-Arbeitsplätze ist auf die gebotene IT-Sicherheit zu achten, um den Versicherungsschutz nicht zu gefährden. Wir halten zu diesem wichtigen Thema Informationsmaterial für Sie bereit.

Kommt es tatsächlich zum Cybervorfall, ist es umso wünschenswerter, dass das Unternehmen zur Absicherung von Eigen- und Drittschäden eine umfassende Cyberpolice abgeschlossen hat. Dabei sollten das IT-System auf dem aktuellsten Stand und die Anwender, insbesondere im Homeoffice, gut geschult sein.

 

Markttrend 2020

Durch die Zunahme von Cyberschäden sind Tendenzen zu erkennen, dass dieser aufstrebende Markt der Cyberversicherungen und die Zeichnungsvorgaben der Versicherer restriktiver werden.

Kapazitäten werden heruntergefahren

Bei schweren und komplexen Cyberrisiken fahren die Versicherer bereits jetzt ihre Kapazitäten herunter und erhöhen die Selbstbehalte. Gleichzeitig überprüfen Risikoträger die vorhandenen Cyberklauseln in anderen Sparten, zum Beispiel in der Haftpflicht- und Sachversicherung. Sie versuchen konsequent, Doppelungen und Überschneidungen aus den Deckungen herauszulösen, um ihre Kumulthemen bedingt durch „Silent Cyber“ in den Griff zu bekommen. Darum Vorsicht: Der von einigen Versicherern angestrebte weitreichende Ausschluss aus den klassischen Sparten, zum Beispiel der Betriebshaftpflicht, kann zu Deckungslücken führen, wenn nicht die Cyberversicherung entsprechend geprüft und angepasst wird.

Gefahr von Deckungslücken

Unternehmen, die bislang keine Cyberversicherung abgeschlossen haben, ist zu empfehlen, sich sehr zeitnah mit dem Abschluss einer solchen Deckung zu befassen. Denn nicht nur die Ausschlüsse aus den klassischen Versicherungssparten könnten zu Problemen führen, auch das Management könnte persönlich betroffen sein, wenn die D&O-Versicherer das Vorhandensein einer Cyberpolice in ihre Risikobewertung aufnehmen und im schlimmsten Fall mit dem Ausschluss des Cyberrisikos aus der Managerhaftpflichtversicherung drohen.

Fazit: Speziell für Konzernrisiken wird der Versicherungsmarkt restriktiver. Für kleine und mittelständische Unternehmen sind noch ausreichende Kapazitäten vorhanden, und die Versicherer haben nach wie vor Risikoappetit. Grundsätzlich empfiehlt es sich, die vorhandenen Versicherungssummen zu überprüfen und gegebenenfalls anzuheben.

Die Bedingungswerke sind derzeit noch sehr weitreichend, darum ist es mehr als empfehlenswert, sich zum jetzigen Zeitpunkt mit dem Neuabschluss einer Cyberversicherung, soweit noch nicht vorhanden, zu beschäftigen.

 

Vertrauensschadenversicherung

Marktsituation

In der Vertrauensschadenversicherung sind die Schadenquoten unverändert angespannt. Die Zunahme der Fake-President-Fälle und die Mitversicherung von Cyber-Bausteinen belasten die Ergebnisse der Versicherer. Auch ist die Anzahl der Anbieter im Vergleich zur Cyber- oder D&O-Versicherung eher gering.

Insofern findet sich neben dem Euler Hermes als Marktführer und der R+V nur eine Handvoll weiterer Anbieter.


Markttrend 2020

Aktuell beobachten wir eine Stagnation der Prämien, Reduzierungen sind nur in Einzelfällen möglich. Der weiche Markt scheint auch hier beendet. Aus Compliance-Gründen wird in Zukunft die umfassende Mitversicherung von ausländischen Risiken eine zunehmend wichtige Rolle spielen. Dazu gehören Instrumente wie die Financial-Interest-Cover-Klausel und die Implementierung von Lokalpolicen.

 

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