Übergreifend

Regulierung und Risikoabsicherung: Was ist von der neuen Regierung zu erwarten?

Unternehmen operieren heute in einem zunehmend regulierten Umfeld. Politische Entscheidungen beeinflussen nicht nur die allgemeine wirtschaftliche Entwicklung, sondern auch die "Licence to Operate" von Unternehmen. Besonders in hochregulierten Bereichen wie der Versicherungswirtschaft haben politische Weichenstellungen direkte Auswirkungen auf das Geschäftsmodell. Auch in der nächsten Regierung werden trotz des angekündigten Bürokratieabbaus neue Regeln eingeführt – unter anderem aufgrund verschiedener EU-Vorgaben. Prominente Beispiele sind Regelungen im Bereich Cybersicherheit, Chemikalien, Elementarversicherung und Künstliche Intelligenz. Deshalb lohnt die Analyse der Wahlprogramme, um abzuschätzen, was mit der neuen Bundesregierung auf Unternehmen zukommen könnte.

NIS-2: Bürokratiearme Umsetzung?

Mit der europäischen NIS-2-Richtlinie wird ein einheitliches Sicherheitsniveau für kritische Infrastrukturen und Unternehmen geschaffen. Das deutsche Umsetzungsgesetz ist kürzlich im Bundestag gescheitert. Grund dafür waren Differenzen hinsichtlich der Stärkung der Sicherheitsbehörden. Wann NIS-2 in nationales Recht umgesetzt werden wird, bleibt unklar. Einzig die Grünen erwähnen explizit die NIS-2-Umsetzung. Sie setzen sich für eine bürokratiearme und zügige Umsetzung ein. Die Union fordert lediglich eine enge Zusammenarbeit auf EU-Ebene, während die FDP eine Neuordnung staatlicher Zuständigkeiten anstrebt. Die SPD adressiert das Thema gar nicht.


PFAS: Kein pauschales Verbot

Die Diskussion um die sogenannten Ewigkeitschemikalien PFAS  hat im letzten Jahr an Dynamik gewonnen. Die EU-Kommission schlug ein Totalverbot vor. Deutschland kritisierte den Plan scharf. Die kritische Haltung zeigt sich auch in den Forderungen der Grünen und der Union: Die Grünen fordern einen differenzierten Umgang und einen schrittweisen Ausstieg aus der Nutzung von PFAS. Verbote streben sie nur dort an, wo Alternativen verfügbar sind. Die Union lehnt ein pauschales Verbot ab und setzt auf einen risikobasierten Ansatz. Zudem setzt sie auf Forschung zu Ersatzstoffen. Für Unternehmen bedeutet dies jedoch weiterhin eine große Unsicherheit hinsichtlich künftiger Auflagen.


Künstliche Intelligenz: Haftungsfragen bleiben ungeklärt

Während sich die Regulierung von Künstlicher Intelligenz (KI) auf EU-Ebene weiterentwickelt, bleibt die Haftungsfrage weiterhin offen. Im aktuellen Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission für 2025 ist eine spezifische Regelung nicht mehr vorgesehen, wodurch die entsprechende Regulierung auf unbestimmte Zeit verzögert wird. Experten gehen jedoch davon aus, dass die EU-Kommission zunächst beobachten möchte, wie sich die gerade in Kraft getretene KI-Verordnung auswirkt. Die meisten Parteien in Deutschland betonen daher auch die Chancen der Künstlichen Intelligenz. Einzig die FDP fordert in ihrem Wahlprogramm einen "Security by Design"-Ansatz für digitale Technologien, um Anbieter stärker in die Haftung zu nehmen. Weitere Details werden jedoch nicht genannt.


Wird die Elementarversicherung zur Pflicht?

Angesichts zunehmender Extremwetterschäden gewinnt die Debatte um eine Pflichtversicherung für Elementarschäden an Bedeutung. Die Union spricht sich für eine Pflicht aus, während die Grünen eine sozialverträgliche Ausweitung des Versicherungsschutzes fordern. SPD und FDP äußern sich hierzu nicht explizit. Die Versicherungsbranche muss sich somit auf mögliche regulatorische Anpassungen einstellen.


Regulierung bleibt ein wichtiges Thema

Auch mit einer neuen Bundesregierung müssen sich Versicherungsgesellschaften und -makler auf weitere Regulierungen einstellen. Unabhängig von den Plänen auf deutscher Ebene ist zudem zu beachten, dass viele relevante Gesetzgebungen auf EU-Ebene beschlossen werden. Ein Beispiel ist die Solvency-II-Richtlinie. Hier wird sich die neue Bundesregierung schnellstmöglich positionieren müssen, da Entscheidungen in Brüssel auch in Deutschland umgesetzt werden müssen. 

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