Transport/Verkehrshaftung

Über Bord gespülte Container in der Nordsee

Einordnung des Schadens – die Waren-Transportversicherung

Am Neujahrstag geriet das Containerschiff MSC ZOE vor der Nordseeküste auf seinem Weg von Antwerpen nach Bremerhaven in das Sturmtief Zeetje. Aus bislang ungeklärter Ursache lösten sich bei schwerer See ca. 270 Container aus der Verstauung und wurden über Bord gespült. Ein Großteil der Container konnte auf dem Meeresgrund geortet werden, ca. 20 Container trieben an der Meeresoberfläche, die gleiche Anzahl wurde an verschiedenen Nordseestränden angespült. Da noch nicht bekannt ist, welche Ladungen in den vielen verloren gegangenen Containern verschifft wurde, pendeln die Schätzungen des Gesamtschadens für die Versicherungswirtschaft zwischen 10 und 30 Mio. Euro.

Ersten Äußerungen der betroffenen Reederei MSC zufolge will der Haftpflichtversicherer (sog. P&I Club) der Reederei bis zur endgültigen Klärung der Schadenursache die anfallenden Bergungs- und Aufräumkosten für die überbordgegangenen Container und Waren übernehmen. Wir schließen nicht aus, dass es Jahre dauert, bis ein Ermittlungsergebnis zur Schadenursache vorliegt. Die Vermutungen zur Ursache der Havarie gehen hauptsächlich in zwei Richtungen: Zum einen könnte eine fehler- oder mangelhafte Laschung der Container zu dem Vorfall geführt haben, zum anderen könnte die Ursache auch in der Überladung von Containern liegen, die durch falsche Angaben zum Gewicht in ungünstiger Position gestaut worden sind.

Bei dem Vorfall des „Überbordspülens“ handelt es sich um eines der ältesten Schadenereignisse in der Waren-Transportversicherung, das über die „Strandungsfalldeckung“ („Free From Particular Average“ = FPA-Risiken) abgesichert ist. Eine eher marktübliche und gängige Deckung in der Waren-Transportversicherung ist die Absicherung über eine Allgefahren- oder „Full Cover“-Police.

Übliche Waren-Transportversicherungsverträge bieten heutzutage dem Versicherten in der Regel Versicherungsschutz gegen nahezu alle Gefahren, denen die Ware während des Transports und bei transportbedingten Lagerungen ausgesetzt sind. Somit kann man davon ausgehen, dass Sachsubstanzschäden an der Ware oder auch der Totalverlust, z. B. durch Überbordspülen, im Rahmen der bestehenden Police ersetzt werden.

 

Was tun als Ladungseigner?

Sobald Sie darüber informiert werden, dass Ihre Waren durch das Ereignis betroffen sind, empfehlen wir Ihnen dringend, umgehend Ihren Transportversicherer in Kenntnis zu setzen. Sofern die Transportversicherung über unser Haus platziert wurde, sprechen Sie Ihren Kundenberater bitte direkt an, um die weitere Vorgehensweise abzustimmen.

In den Fällen, in denen die Ware auf Basis CIF oder CIP gekauft wurde und Ihnen vom Verkäufer ein Versicherungszertifikat ausgehändigt wurde, folgen Sie bitte strikt den auf dem Zertifikat ausgewiesenen Anweisungen für den Schadenfall. Sollte Ihnen vom Verkäufer noch kein Versicherungszertifikat vorgelegt worden sein, fordern Sie dies bitte umgehend an. Unsere Kunden bitten wir auch in diesem Fall, uns vorab zu kontaktieren, um die weitere Vorgehensweise abzustimmen.

Havarie Grosse

In Fällen wie bei der MSC ZOE kann es vorkommen, dass vom Kapitän oder Reeder des Schiffes „Havarie Grosse“ bzw. (engl.) „General Average“ erklärt wird. Diese Möglichkeit besteht, sofern Kosten aufgewendet werden müssen, um das Schiff, die Besatzung sowie die verbleibende Ladung zu retten. Die aufgewandten Kosten werden dann durch den sog. Dispacheur im Verhältnis der geretteten Werte (Schiff + Ladung) auf Reeder und Ladungseigner umgelegt. In der Regel sind Forderungen im Rahmen einer „Havarie Grosse“ innerhalb einer Transportversicherung abgedeckt.

Wird die „Havarie Grosse“ erklärt, verlangt der eingesetzte Dispacheur zuerst Garantien in Form einer „Average Guarantee“ sowie eines „Average Bond“ von den einzelnen Ladungseigentümern. Sobald solche Garantieforderungen an Sie gestellt werden, leiten Sie diese sofort an Ihren Transportversicherer mit der Bitte um weitere Veranlassung weiter. Als unser Kunde wenden Sie sich bitte umgehend an Ihren Kundenberater.

Wichtig: Für die Herausgabe der Waren am Zielhafen ist im Fall einer „Havarie Grosse“ die Vorlage des unterzeichneten „Average Bond“ und der „Average Guarantee“ beim Dispacheur zwingend erforderlich.

 

Regulierung des Waren-Schadens ist nicht alles

Transport-Betriebsunterbrechung

Oft werden Produktions- und Investitionsgüter oder Verbrauchsmaterialien für die eigene Fertigung weltweit bezogen. Bei der Mehrheit der Lieferungen handelt es sich um Massengüter, für die im Schadenfall schnell Ersatz besorgt werden kann. Aber was passiert, wenn es sich bei einem Investitionsgut, das auf dem Transportweg zerstört wurde, um eine für Ihre Produktion wesentliche Komponente handelt, ohne die der zukünftige reibungsfreie Ablauf nicht gewährleistet werden kann? In einer solchen Konstellation kann es zum Produktionsstillstand kommen.

Für derartige Fälle gibt es die Möglichkeit, eine „Transport-Betriebsunterbrechungsversicherung“ abzuschließen, die Sie vor dem finanziellen Schaden eines Produktionsstillstandes schützt. Eine solche Deckung kann individuell für das zu transportierende Gut von Fall zu Fall gegen Zusatzprämie abgeschlossen werden.

Gerne erörtern wir mit Ihnen die Details dieser Deckung und holen entsprechende Angebote ein. Bei Interesse sprechen Sie bitte Ihren Kundenberater an.

Transport Pönale

Ein Großteil der in Deutschland gehandelten Waren wird aus dem Ausland, überwiegend Fernost, importiert. Die Importeure sind oftmals das Bindeglied zwischen Hersteller und Verkäufer. Nicht selten bestehen zwischen den Importeuren und den hiesigen Verkäufern (z. B. große Discounter oder Handelsketten) Lieferverträge, die u.a. pauschale Strafzahlungen bei Verspätungen oder Nichterfüllung vorsehen – ungeachtet des hierfür verantwortlichen Ereignisses. Diese vertraglich vereinbarten Strafen (sog. Pönalen) sind nicht Bestandteil einer üblichen Transportversicherung. Allerdings können diese vertragsbezogen von Fall zu Fall gegen Zusatzprämie versichert werden.

Wenn Sie in diesem Bereich geschützt werden wollen, holen wir gerne entsprechende Angebote ein. Ihr Kundenberater informiert Sie über Details und Hintergründe.

 

Bei Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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